Historisches

Die Landsknechte: Entstehung – Organisation – Gerichtswesen

1. Einleitung

Das Söldnerwesen in der Geschichte des Kriegswesens ist so alt wie der Krieg selbst.

Wir finden die gegen Entlohnung kämpfenden, oft fremdländischen Krieger bereits im Altertum, die Griechen in den Heeren der Pharaonen und Perserkönige, die Numidier im Dienste Karthagos, die Germanen im Sold der römischen Imperatoren, die Waräger am Hofe von Byzanz, die türkischen Miettruppen im Dienste des Kalifen in Bagdad, über die Fremdenlegionäre der Neuzeit bis zu den „Weißen Riesen“ der letzten Jahre in den Kämpfen in Katanga und Rhodesien.

Doch kaum eine Truppe ist in unserem Sprachraum so bekannt und populär geworden wie die Landsknechte, wenn auch die Bezeichnung selbst jetzt fast nur im negativen Sinne gebraucht wird.

Schon in der historischen Literatur zeigen sich äußerst divergierende Züge, da die Quellen selbst unvereinbare Zeugnisse bieten.

Wilhelm Erben schreibt: „Der deutsche Landsknecht gehört zu den populärsten Figuren der Geschichte. Nicht nur die Historiker des Kriegswesens nehmen Anteil an ihm, auch die Kulturgeschichtsschreiber der verschiedensten Richtungen wenden ihm ihre Aufmerksamkeit zu. Daß eine hohe Blüte der Illustrationskunst zeitlich mit der Entfaltung des Landsknechtwesens zusammenfällt, mag zum Teile diese Erscheinung erklären; die gleichzeitigen Bilder haben uns mit den trotzigen Gestalten und dem malerischen Kleide, mit dem schwerfälligen Gewalthaufen und dem Lagerleben der Landsknechte vertraut gemacht. Ebenso große Anziehungskraft üben ihr volkstümliches Wesen und die kräftige Sprache, in welcher Ihre Ordnungen und Gewohnheiten uns überliefert sind“.

Ohne Zweifel waren die Schweizer und die Schweizer Söldner des ausgehenden 15. Jahrhunderts die Vorbilder und Lehrmeister der Lanksknechte. Im 15. Jahrhundert erfreute sich der deutsche Söldner noch keines besonderen Ruhmes, doch wurde durch die Reformen Kaiser Maximilians der Begriff des Landsknechtes und das Landsknechttum zu einem scharf umrissenen Begriff mit bestimmten Eigenschaften im guten wie im bösen Sinn, die anderen Söldnern fehlten.

„Sie dienten dem Kaiser und entwickelten ein häufig fast chauvinistisch anmutendes nationale Engagement; sie ließen sich anwerben von den Fürsten des Reiches, aber auch vom französischen König. Sie konservierten in ihren Regimentern archaische Verfassungsformen und machten zugleich Vorstellungen geltend, die den heutigen Beobachtern modern anmuten. Sie begriffen sich als Orden und entwickelten Formen der Verwaltung, des Brauchtums und der Rechtspflege, die ihnen eine feste, innere Geschlossenheit und Disziplin gaben; vielfach aber verweigerten sie jeden Dienst, entglitten der Gewalt ihrer Kommandeure und wurden zur Soldateska. Sie galten sich selbst als militärische Elite, aber Quellen belegen, daß nicht nur Beuteerwartung und der Glanz des Erfolgs ihr Verhalten bestimmen, sondern auch der nüchterne Wunsch, zur Not durch Absprache mit dem Gegner den ‘Arbeitsplatz’ zu erhalten.“

In der vorliegenden Arbeit soll nun versucht werden, die Entstehung, Organisation und rechtliche Ordnung dieser Truppe zu schildern und zu durchleuchten. Es ist nicht leicht, eine Definition dieser Krieger zu geben, und ich formuliere es wie folgt:

Landsknecht sind ein in taktischen Einheiten kämpfender, aus Söldnern, die auf eine ganz bestimmte Zeit angeworben wurden, bestehender Truppenkörper von Fußsoldaten, die eigenen Rechtsnormen unterworfen waren und deren Hauptwaffe der Langspieß war. Ihre Entstehung fällt in die letzten Jahrzehnte des 15., ihre Blüte in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Die Vorläufer der Landsknechte und ihre Lehrmeister waren die Schweizer Reisläufer, doch treten diese, vor allem seit den Schlachten von Marignano, Bicocca und Pavia in den Hintergrund. Von ihrem früheren Ruf und Ruhm kündet heute noch die Schweizer Garde des Papstes, die seit den Tagen Julius II. (1503-1513) besteht. Auch die Garde des französischen Königs bis zur Großen Revolution wurde aus ihnen rekrutiert.

Bereits im vorigen Jahrhundert begann sich die Wissenschaft mit den Landsknechten zu befassen. Bahnbrechend war das Werk von Friedrich Wilhelm Barthold, das zum Teil jetzt noch verwendbar ist.

Die Werke von Friedrich Blau und von Josef Eduard Wessely (siehe 5) sind wegen ihrer Bildtafeln von zeitgenössischen Künstlern der Landsknechtzeit höchst interessant. Hingewiesen sei auch noch auf das Werk von Martin Nell, der sich besonders mit dem Verdienst Maximilians I. um dieses neue deutsche Fußvolk auseinandergesetzt hat.

In der Geschichtsschreibung des Dritten Reiches gewannen die Landsknechte größere Bedeutung und wurden zu Vorkämpfern ‘urdeutschen, nationalsozialistischen Soldatentums’. Die bekanntesten Werke darüber sind von Paul Schmitthenner, Martin Lezius, Hans Stöcklein und Eugen Frauenholz.

Es ist bemerkenswert, daß in der historischen deutschen Literatur seit dem Zweiten Weltkrieg dieser Fragenkomplex so wenig Beachtung gefunden hat. Hängt es vielleicht mit der Bewältigung der deutschen Vergangenheit zusammen? Das bereits zitierte, im Jahre 1976 in Wiesbaden erschienene Werk von Hans Michael Möller behandelt eingehend auf Grund von umfassendem Quellenstudium und der einschlägigen Literatur den Verband, die Rechts- und Ordnungsämter, sowie das Rechtsverfahren der Landsknechte.

Über die Bewaffnung und Ausrüstung der Landsknechte schreiben in neuester Zeit sehr ausführlich und mit Illustrationen Liliane und Fred Funcken.

Rainer Wohlfeil schildert in seinem Beitrag zur Problematik der deutschen Führungsschichten in der Neuzeit  den Wandel, dem sich der Adel unterwarf, indem er vom Pferd stieg, die ritterlichen Waffen ablegte und mit dem Langspieß auf der Schulter in die Reihen des Fußvolkes eintrat.

Der Kriegsdienst gegen Sold war aber nicht nur Gegenstand der militärisch-politischen, sonder auch der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. „Der militärische Führer im 16. Jahrhundert ist a u c h Unternehmer, der Knecht ist a u c h Arbeitnehmer, aber wesentliche Teile seines Handelns und damit letztlich der militärische Erfolg sind damit nicht erklärt“.

Erst das Zusammenspiel von wirtschaftlichem Denken, Disziplin, taktischer Erfordernis und oft charismatischem Ruf und Einfluss der Landsknechtführer gibt diesem Truppenkörper sein charakteristisches Gepräge.

 

2. Die Entwicklung des Kriegswesens im 15. Jahrhundert (unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz)

Die Schlachten des Mittelalters sind fast ausschließlich Reiter- d. h. Ritterschlachten. Nur in ganz wenigen Schlachten, bei
denen aber auch der Vorteil des Geländes eine ausschlaggebende Rolle spielte, so z.B. bei Courtray im Jahre 1302, wo die
flandrischen Handwerker das Ritterheer Philipp IV. von Frankreich überwanden, oder bei Bannockburn 1314, wo die Schotten ihre
Unabhängigkeit gegen das Heer Eduard II. von England errangen, siegten Fußsoldaten über Reiterheere. Die bekanntesten sind
wohl die Siege der Schweizer Bauern über die Ritterheere der Habsburger bei Morgarten 1315, Sempach 1386 und Näfels 1388.

Dies waren jedoch nur Einzelerscheinungen, die von den Zeitgenossen auch als solche aufgefaßt wurden, denn in der freien
Feldschlacht waren die Fußknechte deshalb nicht zu gebrauchen, weil sie noch nicht zu taktischen Körpern vereinigt waren.

Erst durch die blutigen Niederlagen, die die Reichsheere gegen die Hussiten erlitten, erkannte man die taktische Notwendigkeit
des Fußvolkes, und die hussitische Wagenburg wurde „adoptiert“.

Die Kriegsordnung der Ziska von Trocznow von 1423 gibt einen interessanten Einblick in die fanatisch, auf dem Glauben
basierende Ideenwelt der Hussiten. Die ersten sieben Absätze dieser Kriegsordnung beinhalten nur religiöse
Grundsatzerklärungen und bekräftigen das Sendungsbewußtsein, z. B.: „Und wer immer diese oben geschriebenen Stücke und Artikel
nicht halten, betätigen und erfüllen und nicht helfen wollte, sie zu verteidigen und zu verfechten, keinen solchen ohne
Ausnahme gedenken noch wollen wir unter uns und im Heere, mit Gottes Hilfe, und auch auf Burgen, in Vesten, in Städten, in
umfriedeten und offenen Städtchen, in Dörfern und auf Höfen, keinen Ort ausnehmend noch entschuldigend, sondern ausnahmslos
alle überall zu dieser guten Sache ermahnen, raten, antreiben und jagen, mit Hilfe unseres Herrn Gottes“.

Es werden in dieser Kriegsordnung aber auch bereits Bestimmungen über die Ordnung und das Losungswort erlassen: „Darauf dann
sollen sie Ihre Leute schichten oder ordnen, jede Rotte unter ihre Fahne, das Losungswort soll ausgegeben werden……“.
Weiters wird auch streng darauf geachtet, daß im Hussitischen Heer die Moral beachtet und über die Sünder jeglicher Art nach
dem Gesetz Gottes Gericht gehalten wird.

Die Parallelen zu späteren, religiös fundierten, fanatischen politischen Parteien und Kampfgemeinschaften wie z. B. den
Eisenseiten eines Fairfax und Cromwells im 17. Jahrhundert sind nicht zu übersehen.

Auf die Bestimmungen einer Kriegsordnung Hajeks von Hodetin aus dem Beginn des 15. Jahrhunderts über die Mühlen sei noch
hingewiesen und zwar deshalb, weil solche und ähnliche Verfügungen in den Kriegsordnungen des 15. Jahrhunderts aufscheinen.
„Was die Mühlen betrifft, befehlen wir, daß keine verbrannt, zerstört oder verdorben, noch welche Mühleisen weggenommen
werden, damit für die Bedürfnisse unserer Heere gemahlen werden könne. Wenn aber doch jemand etwas dagegen täte, dem wird ohne
Gnade die Hand abgehauen. Und auch sonst sollen in Höfen oder Bauernhütten, besonders im Freundesland, keine Schlösser, Ketten
oder anderes Eisen als Wagenradschienen oder Tornägel ab- oder herausgeschlagen und weggenommen werden und auch auf dem Felde
soll man von den Pflügen kein Eisen oder anderes Zugehör wegnehmen“.

Über die Hussiten und ihr Kriegswesen haben Max Jähns und Hans Delbrück ausführliche Untersuchungen angestellt.

Die Böhmen waren zunächst nicht imstande, es im freien Feld mit den deutschen Kriegsscharen König Sigismunds aufzunehmen, der
bis Prag vordrang und eine Belagerung dieser Stadt versuchte. Es kam zu mehreren Gefechten, in denen auch die Deutschen noch
mehrmals siegten, und er Krieg kam in ein gewisses Gleichgewicht. „Die Hussiten gewannen Zeit, sich im Kriege und durch den
Krieg selbst ihr eigenes und eigentümliches Kriegertum zu schaffen“.

Die Einbrüche in Deutschland beginnen erst im achten Jahr des Krieges 1427. „Die große Aufgabe der hussitischen Führer war,
die mit den zur Hand befindlichen Waffen, Spießen, Hellebarden, Äxten, Morgensternen, Flegeln ausgerüsteten Volksmänner fast
ohne Schutzwaffen, Helm, Panzer, Schild, gegen ansprengende Ritter standhaft zu machen“.

Dazu dient die Wagenburg, die zuerst wohl aus gewöhnlichen Bauernkarren bestand, später wurden die Wagen eigens zu diesem
Zweck konstruiert und mit Zusatzgeräten, Brettern, Ketten, Äxten, Schaufeln etc. ausgestattet. Wenn möglich, fuhren die in
einem Viereck aufgefahrenen Wagen, die Wagenburg, auf einer Anhöhe in Stellung, und dahinter standen die Verteidiger mit
Wurfgeschossen aller Art, auch schon Geschützen. Sollte nun eine solche Wagenburg gestürmt werden, mußten die Reiter
selbstverständlich absitzen und in ihrer schweren Rüstung den Hügel unter einem Geschoßhagel zu ersteigen versuchen. Sobald
sich aber Unordnung oder vielleicht auch nur Zögern bemerkbar machte, stürmte die bereitgehaltene Reserve der Hussiten mit den
blanken Waffen aus dem Ausfallstor heraus, den Angreifern zum Verderben. Die gesamte, einfache Taktik bestand darin, den
Angriff abzuwarten und im günstigsten Augenblick loszustürmen.

Es gibt aus dem 15. Jahrhundert zahlreiche Wagenburgordnungen, über die Jähns einen Überblick gegeben hat.

Die Schwäche der hussitischen Wagenburg-Taktik liegt in ihrer ausschließlich defensiven Anwendbarkeit. Trotz ihrer
Schwerfälligkeit und ihrer einseitigen Verwendbarkeit ist sie dennoch von großer Bedeutung, weil sie den Fernwaffen, auch
schon den neueren Fernwaffen, eine starke Wirksamkeit ermöglichte und ganz besonders dem gewöhnlichen Fußvolk mit der blanken
Waffe eine selbständige und schlachtentscheidende Verwendung vermittelte. So kam es zu den großen Niederlagen der deutschen
Reichsheere bei Aussig 1426, Mies 1427, Tauß 1431, und die Hussiten wurden der Schrecken ihrer Nachbarländer. Sie selbst sind
unbesiegt geblieben. Erst der innere Gegensatz zwischen Radikalen und Gemäßigten brach ihre Macht. „Am 30. Mai 1434 mußte das
radikale Hussitentum nach 15-jährigem unentschiedenen Kampf um die hussitische Hegemonie seine bloße Existenz verteidigen:
Prokop ‘der Große’ mit den Orebiten, Prokop ‘der Kleine’ mit den Taboriten und die mit ihnen verbündete Prager Neustadt
erlitten bei Lipany in Nordostböhmen eine vernichtende Niederlage gegenüber den Altstädtern und der Mehrzahl der Barone“.

Als Soldbanden, die bald in dieses, bald in jenes Herren Dienst traten, haben sich die Reste der Taboriten noch lange das
ganze Jahrhundert hindurch erhalten und fortgepflanzt.

„Von den drei Elementen der Kriegerschaft, die uns im Mittelalter begegnen, Volksaufgebot, Vasallentum und Söldnertum, hat
sich das dritte als das stärkste erwiesen, ist von Generation zu Generation gewachsen und nähert sich der Alleinherrschaft“.

In Italien bildeten die Söldner meist die Gefolgschaft eines Hauptmannes, eines Condottieres (von conducere = werben, dingen,
mieten), der die einzelnen in seinen Dienst genommen hatte. Diese Bandenführer gehen von dem Dienst eines Landes oder Fürsten
in den eines anderen und treiben eine vollkommen eigenständige und eigennützige Politik. Sie steigen oft zu Fürsten der Städte
auf, denen sie vorher dienten, so z. B. wird Franz Sforza 1450 Herzog von Mailand, aber auch die Scala in Verona, die Conzaga
in Mantua, die Este in Ferrara und die Malatesta in Rimini erreichen als ursprüngliche Söldnerführer die soziale Spitze.

Fast noch mehr als Italien litt Frankreich unter den Söldnerbanden, die im hundertjährigen Krieg von beiden Seiten angeworben
worden waren und nun vor allem nach Beendigung des Krieges als Räuberbanden das Land bedrückten. Nach ihrem Führer, dem Grafen
von Armagnac, benannt, „waren sie ein wilder Söldnerhaufen, bestehend aus Franzosen, Bretonen, Cascognern, Lombarden,
Spaniern, Schotten und Engländern, zumeist berittenes Söldnervolk, 40.000 Köpfe, davon 20.000 kampffähiges Volk“.

„Um Die Banden loszuwerden, schufen die französischen Könige die im modernen Sinne stehende Armee…. Der Reichstag bewilligte
die nötigen Steuern, um eine stehende Truppe von 15 Kompagnien zu 100 Lanzen zu sechs Mann, also 9000 Reiter im ganzen, zu
unterhalten…. In die neuen Ordonnanz-Kompagnien nahm man die besten Elemente der bisherigen Banden auf und überwand mit
ihrer Hilfe die übrigen, die gezwungen wurden, auseinander zu gehen“.

Ihre Reste schickte man nach Lothringen, ins Elsaß, in die Schweiz, wo es zu der berühmten Schlacht von St. Jakob bei Basel
(1444) kam, wo die Armagnaken zwar siegten, durch die heldenhafte Selbstaufopferung der Schweizer Vorhut aber so schwere
Verluste erlitten, daß sie sich wieder zurückzogen.

Durch ihre Siege über den Herzog Karl den Kühnen von Burgund (1467-1477) begründeten die Schweizer ihren Ruhm als Fußkämpfer
und wurden die begehrtesten Söldner der nächsten Jahrzehnte. Kaiser Friedrich III., König Ludwig XI. von Frankreich, die
Schweizer und Herzog Rene von Lothringen schlossen ein Bündnis, da sich der länderhungrige Herzog Karl des letzteren Landes
bemächtigen wollte. Nachdem er von den Schweizern am 1. März 1476 bei Grandson und am 22. Juni 1476 bei Murten schmähliche
Niederlagen erlitten hatte, kam es am 5. Jänner 1477 zur Schlacht bei Nancy, auf die wegen ihrer weltgeschichtlichen Bedeutung
näher eingegangen werden soll.

Nancy, die Hauptstadt von Lothringen, wurde von Karl belagert. Das Entsatzheer unter Herzog Rene war seinem Gegner zahlenmäßig
weit überlegen. Dank der Hilfe König Ludwigs XI. von Frankreich standen ihm außer seinen lothringischen Truppen noch 12.000
Schweizer zur Verfügung.

„Noch immer lag Karl vor Nancy, wo der fürchterlichste Hunger wütete. Sein Heer bestand aus den Ordonnanzcompagnien,
englischen Bogenschützen, flandrischen Lehentruppen und Luxenburgern. Krankheit und Meuterei hatten es so geschwächt, daß kaum
10.000 mehr vorhanden waren, von denen nur der fünfte Teil als wirklich tüchtig gelten konnte…. Am Abend des 4. Januar ging
Nikolaus von Monfort, Graf von Campobasso, mit 180 lombardinischen Lanzen zu Lothringen über“.

Am Morgen des 5. Januar 1477 kam es zur Schlacht.

Karl stellte seine Truppen an einer Stelle auf, wo zwischen der Meurthe links und einem Walde rechts, Front nach Süden, nur
ein mäßig breiter Zugang war; links und rechts standen die Reiter.

Die Bundesgenossen beschlossen, die Taktik der Schlacht von Murten wieder anzuwenden und die von Wäldern gedeckte Stellung des
Feindes zu umgehen. Der Plan gelingt, und als sie fast im Rücken der Burgunder hervorbrechen, kommt es sofort zur Panik. Was
nicht flieht, wird niedergehauen.

„Die Kriegsbeute war unermeßlich. Das burgundische Lager wurde von den Lothringern, Elsässern und Schweizern geplündert. Was
man nicht fortschleppen konnte, wurde in Brand gesteckt… Zwei Tage nach der Schlacht entdeckte man den Leichnam des letzten
der großen Herzöge nackt und entstellt im Schlamm des Teiches von Saint-Jean, auf dessen Eisdecke gekämpft worden war“.

Die Folgen dieser Schlacht waren ganz außerordentlich. Die Schweizer, die zum ersten Mal außerhalb ihres Landes einen
entscheidenden Sieg errungen hatten, wurden die umworbenen und gefürchteten Krieger und Söldner, und ein Mann, Maximilian,
trat durch seine Heirat mit Maria, der Erbin von Burgund, am 19. August 1477, ins Rampenlicht der Geschichte. Dadurch wurde
nicht nur der Gegensatz zwischen den beiden christlichen Großmächten Europas, Frankreich und Habsburg, durch Jahrhunderte
begründet, sondern Maximilian war auch Organisator des neuen Kriegsvolkes, der Infanterie.

Wieso war es überhaupt möglich, daß die kleine Eidgenossenschaft, die in der Mitte Europas lag und deren politische Struktur
von den sie umgebenden feudalen Monarchen mit äußerstem Argwohn beobachtet wurde, in den letzten Jahrzehnten des 15.
Jahrhunderts und den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts eine so überragende Stellung einnehmen konnte?

„Die Kriegskraft der Schweizer hatte die Teilnahme jedes Einzelnen am politischen Leben zur Voraussetzung; das trotzige
Selbstbewußtsein, das jeden einzelnen Knecht beseelte, gab den Unternehmungen des Bundes die unwiderstehliche Wucht“.

Mit der Schlacht von Nancy trat dieses Massenkriegertum zum ersten Male über seine Grenzen hinaus und siegte, ohne daß ihm
diesmal das vertreute Gelände seiner Berge zu Hilfe gekommen war. Die Burgunderkriege waren ja eine Zäsur in der Entwicklung
der Eidgenossenschaft nach innen wie nach außen. Die gezeigte militärische Schlagkraft und Stärke bewirkten, daß sie ein
gesuchter Partner für die europäischen Mächte wurde, und in den folgenden Jahren wurden Verträge mit Mailand, Savoyen,
Österreich und dem Papst abgeschlossen. Es trat eine Verstrickung mit der Politik der benachbarten Staaten ein, und die
Eidgenossen muteten sich Aufgaben zu, denen ihr System und ihre Struktur auf längere Sicht nicht gewachsen waren. Im gleichen
Zeitraum fiel auch, im Gegensatz zu ihrem Staatswesen, in den benachbarten Fürstentümern die Entscheidung für die nationale
Einheit.

In erster Linie verlangten diese mit der Schweiz verbündeten Staaten militärische Hilfe, also Söldner. Dadurch lernten auch
die anderen Völker die Voraussetzungen und Gründe kennen, auf denen die Überlegenheit der Eidgenossen beruhte, und es
entstanden die Vorläufer der europäischen Infanterie.

Einen hervorragenden Beitrag über die Kriegsorganisation der Eidgenossen hat Walter Schaufelberger gleistet. In dieser Arbeit
untersucht er ausführlich die Kriegsvorbereitung sowie die Kriegsführung. Wenden wir uns zunächst der Bewaffnung zu. Die
eigentlichen Standartwaffen sind Halbarte und Spieß, daneben aber auch Schlagwaffen wie Hammer, Axt und Beil, sowie
Griffwaffen (Schlachtschwert und Bidenhänder). Dazu kommen noch Kurzschwerter aller Art, sowie Dolche und Messer, während der
bekannte und berühmte Morgenstern in den Quellen des 15. Jahrhunderts nirgends vorkommt. Als Ergänzung dienten noch mehr oder
weniger vollständige Harnische und manchmal auch ein Eisenhut, der Hauptharnisch. Verkauf, Vertauschung und Verschenkung der
Waffen war verboten, ebenso das Verpfänden. Sogar Witwen und Waisen hatten die Wehre je nach ihrem Vermögen zu unterhalten.

Weiters wurden Armbrust- und Büchsenschützen eingesetzt. Die Reiterei und Geschütze spielten nur eine sehr untergeordnete
Rolle, was dann im nächsten Jahrhundert zum Niedergang der eidgenössischen Macht wesentlich beitragen sollte.

„Die Schlachtordnung der Eidgenossen war die denkbar einfachste. Sie fochten in festgeschlossenen Gevierthaufen, die
ebensoviel Mann in der Front wie in der Flanke zählten und also nach allen Seiten gleich stark waren. Auch ein sehr großer
Gevierthaufen, etwa 10.000 Mann, hat noch eine bedeutende Beweglichkeit, weil die Front mit 100 Mann ja noch sehr schmal ist“.
Wird nun so ein Haufen von Reitern angegriffen, so runden sich seine Ecken beim Stillstand in der Verteidigung mehr oder
weniger ab, die Spieße werden vorgestreckt und es komm zum „Igel“. Die äußeren Glieder und Rotten waren mit bis zu 20 Fuß
langen Spießen ausgestattet, die wegen ihrer Schwere mit beiden Händen geführt werden mußten. Ebenso wurden die Hellebarden,
die von den inneren Gliedern und Rotten der Knechte getragen wurden, mit beiden Händen geführt. Die Hellebarden treten aber
erst in Tätigkeit, wenn der Feind dem Druck bereits nachgegeben hat und weicht. Dann löste sich der Haufen auf, und es „begann
das Nachhauen. Die Hellebarde durchschlägt nun die Rüstung der fliehenden Ritter und der Haken reißt sie vom Pferde“.

Die Kriegsführung dieser Zeit war äußerst grausam, und in den Kriegsordnungen wurde ausdrücklich verlangt, daß keine
Gefangenen gemacht werden dürfen. „Jedes Ort soll die Seinen schwören lassen, wenn wir hinfür ein Gefecht und Streit tun,
keine Gefangenen zu machen, sondern alles tot zu schlagen ‘als unser fromen Altvordern allweg brucht haben’“. Auch die Flucht
aus der Ordnung wurde mit dem Tode bestraft. So heißt es in der Eidgenössischen Kriegsordnung von 1476: „Niemand soll fliehen
noch eine Flucht machen. Welcher solchs übersehe, den selbigen solt der nechst, so ferr er möcht, vom Leben zum Tod bringen,
ihn damit gebüsst und kein Straff verdienet haben. Wann aber ein solcher Flüchtiger entrunne, an dem sollt (wurd er ergriffen)
als ab einem meineydigen Bösewicht gerichtet werden“. Als besonders krasses Beispiel für Vorgänge aus dieser Zeit sei eine
Bestimmung aus der Zürcher Kriegsordnung von 1444 erwähnt, wonach es verboten wird, den toten Feinden das Herz
herauszuschneiden, den Bauch aufzuschlitzen oder sonstwie die Leichname zu schänden.

Grundlage des Schweizer Wehrwesens war die allgemeine Wehrpflicht, der jeder Mann vom 16. Bis zum 60. Lebensjahr unterworfen
war. Wie diese theoretische Forderung in der Praxis gehandhabt wurde, wird weiter unten noch behandelt werden. Es müßte daher
die Ausbildung und Schulung bereits im Knabenalter durchgeführt worden sein, wovon jedoch in den Quellen nirgends ein Hinweis
aufscheint. Eine Einzelausbildung und gemeinsame militärische Schulung war gar nicht nötig, da die jungen Schweizer in das
rauhe Kriegshandwerk von selbst hineinwuchsen, von dem sie wußten, daß es eben zu ihrem Leben gehört. „Mars selbst brachte
ihnen das Handwerk bei. Statt ihn zu erlernen, erlebten sie den Krieg. Das haben ihre entsetzten Feinde immer wieder zu spüren
bekommen. Auf Schützenfesten übten sich die Jungen und Burschen im Schießen, und auf Spielwiesen stärkten sie ihre
körperlichen Kräfte und ihre Gewandtheit im Springen, Laufen, Stoßen und Ringen. Auch in Fechtschulen fand sich Gelegenheit,
die Waffentüchtigkeit zu vervollkommnen. „Das eigentliche Zentrum, wo sich sowohl Kriegssitten, als auch militärische
Virtuosität in spontaner naturgegebener Erneuerung erhielten, waren die Männerbünde, denen in hohem Maße ein jugendhafter,
knabenschaftlicher Charakter innewohnte“.

Ihre Mitglieder waren daher durch stetige Wettkämpfe und dauernden Kampf so geschult, daß sie auch ohne eigentliche Führung in
der Schlacht siegen konnten. Die Glieder dieser Verbände hießen „freiheiten, freiharste, freiheitsbuben, freie knechte, usw.“.
Bei der Taktik im Verband war die wuchtige Schwere des Gewalthaufens das hervorstechende Kampfelement. Daher war für die
massive Kampfführung nur die Aufrechterhaltung der Tuchfühlung mit dem Nebenmann wichtig, die Bildung eines eng
zusammengedrängten Körpers, der lawinengleich gegen den Feind stürzt. Die spielerischen Scheinkämpfe in den Männerbünden waren
daher zur Gewöhnung an die militärischen Erfordernisse völlig ausreichend.

Es wurde die Methode ausgebildet, das Heer, ganz unabhängig von der Stärke, in drei Haufen zu ordnen. Diese standen nun nicht
neben- oder unmittelbar hintereinander, wo sie im Laufe des Kampfes sich gegenseitig behindern konnten, sondern sie
marschierten staffelförmig auf. Hierauf wurde nicht gleichzeitig losgeschlagen, sondern die einzelnen Haufen griffen
nacheinander an. „So behielt der Gewalthaufen und besonders die Nachhut, nachdem die Schlacht bereits entbrannt war, noch die
Freiheit, ihre Bewegungen dem Gang der Ereignisse anzupassen.“

Wie aber wurde damals die Mannschaft in der Schweiz alarmiert, wenn ein feindlicher Angriff drohte? „Stand ein feindlicher
Einfall unmittelbar bevor oder war er bereits geschehen, dann erging der Landsturm. So bezeichnete man noch im 15. Jahrhundert
den Alarmvorgang, später dann auch die Mannschaft, der sie auf die Beine brachte.“
Verschiedene Systeme wurden dabei angewendet, zuerst wurden Boten ausgesendet, dann Rauch- und Feuersignale, was jedoch meist
ungenügend war. Man griff daher zur akustischen Form der Alarmierung, zu Büchsenschüssen und dem Läuten der Sturmglocken.
Daneben dienten aber auch Trompeten und Trommeln als primitivste Lärminstrumente zur Nachrichtenübermittlung. Wenn noch Zeit
bis zum Ausrücken blieb, wurde das Banner oder ein Fähnlein am Rathaus gehißt zum Zeichen, daß Krieg beschlossen wurde und die
Mannschaft auszurücken habe.

Wie erwähnt, bestand bei den Schweizern die allgemeine Wehrpflicht, die urgermanische Kriegsverfassung des allgemeinen
Landesaufgebotes. Sie bestand jedoch eher im Prinzip als in der tatsächlichen Handhabung. Es gab selbst bei großer Gefahr
immer wieder Ausnahmen, nicht nur wegen Alter und Krankheit. Wer aber nicht persönlich ins Feld zog oder gerade auf Reisen
war, mußte sich durch einen Ersatzmann vertreten lassen, den „Söldner“. Vor allem die finanzstarken Stadtbürger machten von
dieser Möglichkeit Gebrauch, wobei die von ihnen bezahlten Söldner besonders aus Mitgliedern der schon erwähnten Knaben- und
Jungmännerbünde bestanden.

Die auszuhebende Truppenanzahl wurde durch die Tagsatzung oder die Ortsregierung festgelegt, die Aufteilung selbst erfolgte
durch die Ortsbehörden, Ämter, Vogteien, in den Städten in weitgehendem Maße durch die Zünfte. In eigenen Aufstellungen wurde
die Zahl der Wehrfähigen festgestellt und dann beurkundet, wer tatsächlich zum Heeresdienst einzuziehen sei. Auch die
Sammelplätze wurden im voraus bestimmt.

Bei der Ritterschaft selbst gab es ursprünglich kein Offizierskorps, da der Ritter ein Einzelkämpfer war und der Einfluß des
militärischen Führers im Gefecht sehr gering war. Es fehlte ihm ja auch die Übersicht.

Ursprünglich waren auch bei den Eidgenossen in den Kämpfen der Urkantone die politischen Führer auch die militärischen. Dies
ließ sich jedoch bei der Komplizierung des Staats- und Heerwesens und der Vergrößerung des Staates zu einem umfassenden
Staatenbund mit divergierenden Interessen nicht mehr beibehalten. So mußten militärische Vorgesetzte bestellt werden, die
Hauptleute. Bereits in der ältesten Kriegsordnung der Schweiz, dem Sempacherbrief vom 10. Juli 1393, wird von den Knechten
Gehorsam gegen die Hauptleute verlangt „under die er gehöret“. Hauptmann wird aber jeder genannt, ob die Chroniken damit den
Kommandanten eines Auszuges von 2000 Mann meinen oder das Haupt einer zusätzlichen Verstärkung von 50 Knechten. Die schwierige
Stellung des Hauptmannes zwischen der ihn bestellenden Obrigkeit und den trotzigen, selbstbewußten Knechten hat Albert
Sennhauser in seiner Dissertation 1952 eingehend durchleuchtet. Aus der Tatsache, daß die Hauptleute einen Eid schwören
mußten, ist ihre rechtliche Unterordnung ersichtlich, und in den Artikeln ist ihre Kompetenz genau festgelegt. Bei
Gehorsamsverweigerung war oft eine Resignation der Führer festzustellen, die sich darauf beschränkten, dem Rat daheim die
Vorfälle zu melden, der dann für Ordnung sorgen sollte. Denn war ein Krieger schlechter Laune, so konnte ihm der
fadenscheinigste Vorwand genügen, um aus dem Feld zu Laufen. Der Befehlshaber befand sich stets zwischen dem Gesetz, das die
Obrigkeit verkörperte und auf das er seinen Eid geleistet hatte, und der Schar seiner Krieger, die nur schwer aufgrund der
Buchstaben ihrer Verpflichtung mit Erfolg geführt werden konnten. Bei Beginn des Krieges leisteten die Knechte einen Eid des
Gehorsams gegenüber ihrem Hauptmann, manchmal auch auf das Banner. Theoretisch herrschte eine fast uneingeschränkte
Strafgewalt der eidgenössischen Hauptleute, die aber im auffallenden Gegensatz zur Zurückhaltung steht, mit der sie von den
Führern gehandhabt wurde. Vor dem Kampf verlangten die Knechte oft, den Kampfplan zu erfahren, und die Hauptleute benützten
die Gelegenheit bei der Aufstellung, um ihnen diesen zu erläutern, mit ihnen zu reden und ihre Kampflust anzustacheln. „Die
Hauptleute mußten oft drastische Mittel finden, um die Knechte zum Gehorsam zu bringen, etwa wenn sie, um die Leute von der
großen Beute bei Hèricourt wegzubringen, den Weinfässern den Boden ausschlagen ließen.“. Besondere Gradabzeichen für die
Hauptleute hat es nicht gegeben. Sie zeichneten sich nur durch prächtigere Kleidung und feinere Waffen vor den gewöhnlichen
Kriegern aus. Auch scheint als Vorläufer der Feldbinde ein rotes Band von den Befehlshabern getragen worden zu sein.

Neben dem Hauptmann finden wir bald auch den Fähnrich, der einen besonderen Eid zu schwören hatte und der die Aufsicht über
das Banner hatte, das als besonderes Kampf- und Ehrenzeichen galt. Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts finden wir auch bereits
den Lieutenant (angeführt als Lüttiner) und einige Weibel und Furiere. Weiters erscheinen Spielleute, Schreiber und Priester.
Die Räte, die in den Schweizer Heeren aufscheinen, waren Vertreter der zivilen Obrigkeit und die politischen Berater der
militärischen Führer. Die Einsetzung der Chargen aller Grade erfolgte – entgegen dem späteren Gebrauch bei den Landsknechten –
durch die Obrigkeit, gegebenenfalls auch durch den Werbeherrn.

Es ist charakteristisch für den Kriegsdienst der Schweizer – ganz im Gegensatz zu den späteren Landsknechten -, daß sich die
Verbindung zur Heimat nie aufgelöst hat. Die Söldner haben sich stets als Schweizer gefühlt, und die staatliche Aufsicht über
sie blieb immer erhalten. Es wurde nach ihrer Rückkehr von ihnen Rechenschaft über ihr Verhalten auch in fremden Diensten
gefordert. Die Eidgenossenschaft hat sich im Notfall auch ihrer Staatsangehörigen in der Fremde angenommen und deren
Interessen, etwa wegen rückständiger Soldzahlungen, vertreten. „Auf eben dem Tag soll man ratschlagen und beschließen auf das
Anbringen Hansen Meyenbergs und Hansen Ungelters von Zug, wie sie und ihre Gesellen Söldner der Venediger gewesen, und,
nachdem sie ihre Dienstzeit vollendet, von diesen um den Sold betrogen worden seien, weswegen sie bitten, die Venediger, die
noch immer in der Eidgenossenschaft wandeln, während keine Eidgenossen nach Venedig gehen dürfen, darum angreifen zu dürfen.“

Die Bewohner der Schweiz waren in erster Linie Hirten und Bauern, die ihrem kargen Boden nur mit Mühe das Lebensnotwendigste
abrangen. Die Übervölkerung, die Abenteuerlust, das Locken der Beute und die reine Freude am Kriegertum bildeten die Grundlage
für den Söldnerdienst, das Reislaufen im Dienste fremder Staaten und Fürsten. Natürlich trugen diese Söldner nicht wenig dazu
bei, die Kriegserfahrung unter den Schweizern auch in den Zeiten zu nähren, da daheim Friede war. Ferner trugen diese Söldner
die Kenntnis von den Besonderheiten ihrer Kriegsführung schon damals in die benachbarten Länder. Für die Anwerbung mußte
selbstverständlich die Genehmigung der eidgenössischen Obrigkeit eingeholt werden, und es kommt immer wieder zu drastischen
Strafandrohungen gegen unbefugte Reisläufer.

Im Jahre 1449 ersuchte der deutsche Städtebund in seinem Krieg mit dem Markgrafen Albrecht Achilles von Ansbach, dem späteren
Kurfürsten von Brandenburg, Luzern um die Erlaubnis, Schweizer Söldner anwerben zu dürfen, was auch genehmigt wurde. Der
Vertrag, den der Hauptmann Hans Müller mit diesen abschloß, umfaßt nachstehende Bestimmungen:

Der monatliche Sold von 5 rheinischen Gulden wird vom Ausmarsch an bezahlt. Ein angefangener Monat wird als ganzer gezählt.
Wenn von den Städten gekündigt wird, so erhalten die Knechte zur Unterstützung ihrer Heimreise einen Sold für 14 Tage dazu.
Wenn aber die Eidgenossen kündigen gibt es nur eine Zulage von 8 Tagen. In Feldzügen werden sie kostenlos verpflegt und haben
auch Anteil an der Beute. Auch Verwundete werden verpflegt und bekommen ihren Sold. Die Knechte sind zum Kampf verpflichtet,
doch wird ihnen versprochen, sie nicht zu trennen. Bei gegenseitiger Zufriedenheit erhalten sie bei einer freundlichen
Heimfahrt eine Gratifikation. Als Handgeld werden 2 rheinische Gulden gegeben. Die Knechte müssen folgende Artikel beschwören:

Sie dürfen keinen frevelnden Schwur bei Gott, seiner lieben Mutter, der Jungfrau Maria, und den Heiligen leisten.
Sie dürfen kein Gotteshaus oder Kirche anzünden oder berauben, keine geistliche Person, Priester, Frauen, Kinder berauben oder
mißhandeln, es sei denn, daß diese sie angreifen oder schreien.
Keiner soll ‘keine eigene Frau mit sich führen’, auch nicht spielen.
Freunde sollen sie nicht berauben oder mißhandeln; in Herbergen und bei andern Leuten sollen sie sich züchtig und freundlich
halten, auch die Zeche bezahlen.
Alten Haß und Feindschaft dürfen sie nicht an einander rächen.
Streitigkeiten sind vor die Hauptleute zu bringen.
Sie sollen gütlich und friedlich mit einander leben. Streitigkeiten und Aufläufe werden von den Hauptleuten mit Bußen
bestraft.
Wer diese Artikel nicht beschwört, soll heimziehen.
Die Voraussetzungen für die Verwaltung des Heeres und den Nachschub waren in der Schweiz insofern günstig, da das gesamte
Staatsgebiet sehr klein war. Besonders bis zu den Burgunderkriegen konnte die nur für kurze Zeit aufgebotene Kriegsmacht
unschwer aus dem Lande verpflegt werden. Schwerer wurde es erst, als die Eidgenossen sich auf kriegerische Unternehmungen
außerhalb ihrer Landesgrenzen einließen. Es galt das Prinzip, daß die Stellungsbezirke ihre Krieger für die Dauer der
Dienstleistung auch zu versorgen hatten. Mit Ausnahme vielleicht von Obst und Gemüse mußten wohl alle Nahrungsmittel
nachgeschoben werden, wobei die Milchprodukte dabei einen bevorzugten Platz einnahmen. Es gab selbstverständlich schon einen
Troß, der aus Wagen und Saumpferden bestand, wobei bei den meisten Kriegszügen 300 Wagen und Karren durchaus keine Seltenheit
bedeuteten. Da aber die Fuhrleute Privatunternehmer waren, die ihren eigenen Vorteil im Auge hatten, war das Nachschub- und
Versorgungsproblem äußerst prekär. Raub, Brand und Plünderung der Bevölkerung waren daher an der Tagesordnung, trotz aller
Bemühungen der Obrigkeit. „Die Anstrengungen des Regimentes zur Versorgung der Kriegsleute sind, alles in allem genommen,
durchaus bemerkenswert. Daß sie die Zustände noch nicht wesentlich verbesserten, darf den Kriegsherren kaum angekreidet
werden. Die ordentlichen Kräfte reichten einfach noch nicht aus und die Übel saßen zu tief. So sprachen die Knechte das letzte
Wort“.

Die Anstrengungen der Schweiz, sich zu einer Großmacht zu entwickeln, sind mit der Schlacht bei Marignano, in der sie 1515 von
König Franz I. von Frankreich besiegt wurde und ihren Einfluß im Herzogtum Mailand verlor, abgeschlossen. Die eidgenössische
Politik und Kriegsmacht trat seitdem fast ausschließlich in den Dienst Frankreichs. Die Schweizer Krieger wurden seitdem mit
den Truppen anderer Länder gleichwertig und gleichartig. Sie versäumten es auch, die beiden anderen Waffengattungen der
Kavallerie und der Artillerie zeitgemäß zu entwickeln und mit ihrer Infanterie taktisch nach den neuen Erkenntnissen und
Erfordernissen zu verbinden. Dies erklärt sich wohl daraus, daß die Eidgenossenschaft schon aufgrund ihrer staatlichen
Struktur und der finanziellen Lage nicht imstande war, eine zeitgenössische Artillerie aufzustellen und auszubauen. Es hätte
dafür einer zentralen Leitung und größerer Geldmittel bedurft, wie sie jetzt nur den zentralistischen Fürstenstaaten zu Gebote
standen. Das Gleiche gilt für die Kavallerie, bei der auch noch völlig die ritterliche Tradition des Reiterkämpfers fehlte.
Auch war das gebirgige Gelände des Staates für diese Kampfart unbrauchbar, und es wurde daher auch die Pferdezucht, die
Voraussetzung dafür, nicht gepflegt. Warum auch hätten sie diese beiden Waffengattungen ausbauen sollen? Sie fühlten sich in
ihren Bergen vor Angreifern sicher und vertrauten der Krone Frankreichs, die mit den Schweizer Fußsoldaten auch zu ihrem
Schutz ihre Schlachten weit in der Fremde schlug.

„Nur die Schöpfung der Infanterie, die allen Ländern zum Muster wurde, ist die weltgeschichtliche Bedeutung der Schweiz“. Und
diese Infanterie, die als Landsknechte und spanische Triceros in den nächsten Jahrzehnten bei Bicocca, Pavia und Mühlberg
schlachtenentscheidend wurde, bestimmte das Schicksal von Fürsten, Staaten und Völkern.

 

3. Die Herkunft des Namens und der Verband der Landsknechte sowie die Entwicklung unter Kaiser Maximilian I.

Über die Herkunft und die Bedeutung des Namens Landsknechte ist schon viel geäußert und geschrieben worden. Unter den
Forschern wurde jedoch Übereinstimmung darüber erzielt, daß man nicht mehr ‘lanzknechte’, sondern ‚Landsknechte’ schreibt.
Irrtümlich könnte man die Bezeichnung mit der Lanze in Verbindung bringen, was vollkommen falsch wäre, da die von den Knechten
gebrauchte Waffe niemals als Lanze, sondern stets als Spieß bezeichnet wurde.

Besonders Nell und Laux befassen sich eingehend mit der Etymologie des Wortes. Letzterer legt dar, daß ein Landsknecht nichts
anderes ist als ein Knecht, der dem Lande dient, wobei ursprünglich noch häufig das Herkunftsland wie böhmische,
schweizerische, schwäbische oder flamländische beigefügt wurde. Die Erklärung, daß sie als Volk des flachen Landes im
Gegensatz zu den Schweizern, den Bewohnern der Berge, Ihren Namen erhalten hätten, lehnt, Laux ab. Interessant ist auch ein
Hinweis von Frauenholz “ … Seit jener Zeit gab man dem Landstriche am rechten Rheinufer von Feldkirch bis Bregenz herab, In
deren Mitte Embs gelegen, den Namen ‚Landsknechtlandl’ und auch in späterer Zeit hieß Feldkirch, das manchen ausgedienten
Kriegs- und Edelmann in seinen Mauern und seiner Umgebung zählte, bezeichnend das Officier-Städtchen…“.

Eine weitere Erklärung wäre die, daß der Name von dem mittelniederdeutschen ‚Lantknecht‘ abgeleitet wird. Dies war ein Fron-
oder Gerichtsbote auf dem Lande, im Gegensatz zu einem Stadtknecht, also ein Vertreter der Staatsgewalt auf dem flachen Lande,
mit einer gewissen militärischen Ausbildung, der auch Im Kriegsfall für militärische Aufgaben herangezogen wurde. Die
Landsknechte Maximilians, die in den Niederlanden nicht nur für den Schutz nach außen, sondern auch für Ruhe und Ordnung im
Lande selbst zu sorgen hatten, könnten leicht Ihren Namen davon hergeleitet haben.

Franz erklärt dazu zusammenfassend und abschließend: „Es waren keine Lanzenknechte, auch keine Landknechte (wie die
Gerichtsboten hießen), sondern Knechte deutschen Landes, im Gegensatz zu den böhmischen und schweizerischen Söldnern. Ihr Name
enthielt also schon eine volksmäßige Bindung“.

Das Landsknechtwesen in seiner ursprünglichen Form beruhte auf dem Gefolgschaftswesen, wobei es jedoch sehr bald nur als
Solddienst in Erscheinung trat. In der Zeit des Frühkapitalismus wurde der Dienst Broterwerb und Geschäft, wobei der
charismatische Führer jedoch immer seine Anziehungskraft behielt. „Sehr früh hat sich die Söldnerei, ihrem Ursprung aus der
Geldwirtschaft entsprechend, zu einem förmlichen Lieferungsgeschäft entwickelt. Es ist das Konzessions- und Aktienwesen der
heutigen Zeit … mit dem allerdings bedeutsamen Unterschiede, daß die Aktionäre, wenigstens großenteils, nicht nur ihr
Kapital einzahlten, sondern auch ihre Person“.

Zuerst bildeten sie werbungsmäßig eine Auslese, da keine Leibeigenen aufgenommen wurden, wobei vielfach die Handwerker und
Bürger überwogen. Es mag wohl kaum ein Handwerk gegeben haben, das in einem wohlbesetzten Regiment nicht vertreten gewesen
wäre, aber auch viele verbummelte Studenten, die als Schreiber gern gesehen waren. Schulmeister und adelige Junker, wie Ulrich
von Hutten meldeten sich. Für mittellose Elemente war die Anwerbung schon deshalb nicht möglich, da ja der Landsknecht
vollständige Kleidung und brauchbare Ausrüstung selbst mitbringen mußte, wofür ein entsprechendes Kapital notwendig war. Nicht
zuletzt ergänzten sich die Landsknechte aber aus sich selbst. Der im Troß geborene Bube wurde bald von einem der Offiziere als
Junge aufgenommen, dann wurde er Trabant oder Läufer, und wenn er seine Ausrüstung beisammen hatte, konnte er in ein Fähnlein
eintreten.

Regiment war ursprünglich die Bezeichnung für Zucht und Ordnung, als Kommandogewalt des Obersten und Hauptmannes, der eben das
Regiment führt. Erst später ging die Bezeichnung auf die militärische Formation über. Das Regiment, diese Formation, war in
Fähnlein gegliedert. „Jedes Landsknechtfähnlein bildete einen eigenen Körper, gleichsam einen Staat, richtiger vielleicht noch
eine Gilde. Denn in der Form der Einung, der Genossenschaft, war das Soldatentum in einer Zeit, in der auch der Wehrdienst zum
Beruf geworden war, innungsmäßig gestaltet“.

Kaiser Maximilian I. wird oft als der Schöpfer der Landsknechte bezeichnet. Dies ist unrichtig, denn die Keime des
Landsknechtwesens liegen in der Übernahme der Schweizertaktik durch die Deutschen und in ihrer Weiterentwicklung. Das
Landsknechtwesen hat sich eben langsam aus den gegebenen Verhältnissen und den militärischen Notwendigkeiten entwickelt. „Nie
und nimmer hat ein einzelner Mann eine solche Institution ins Leben rufen können, sie begründen können.“.

Im Heere Peters von Hagenbach, des berühmten Statthalters Karls von Burgund, in den ihm von Österreich-Tirol verpfändeten
Vorlanden, finden sich bereits Schweizer und deutsches Fußvolk nebeneinander. Wahrscheinlich haben auch einige seiner
deutschen und elsässischen Fußknechte den Langspieß geführt, wobei es aber nicht erwiesen ist, daß aus diesen Knechten ein
taktischer Körper gebildet wurde. Denn erst durch diese Voraussetzung entstehen Landsknechte auch „der Sache nach“. Auch im
Neußerkrieg des Herzogs von Burgund Im Jahre 1475 nahmen neben Schweizern deutsche Knechte teil, die jedoch noch eine
Wagenburg benötigten, „die dem einzelnen Vertrauen einflößte und die Gewißheit gab, in ihr einen Rückhalt zu finden“. Erst in
den Burgunderkriegen macht sich das deutsche Fußvolk von der Wagenburg frei und kämpft nach Schweizer Vorbild im taktischen
Rahmen. Das oberdeutsche Fußvolk, zum Großteil aus Schwaben und den österreichischen Vorlanden stammend, ist hier bei den
Eidgenossen in die Schule gegangen. Sie haben auch ihren Anteil an den Siegen von Hericourt, Grandson, Murten und Nancy.

Die erste Schlacht, in der Nichtschweizer die schweizerische Kriegsweise anwandten, ist die bei Guingate am 7. August 1479. In
der der Schwiegersohn des toten Herzogs von Burgund, Erzherzog Maximilian, die Franzosen besiegte. Das burgundische Erbe
seiner Gemahlin, Maria von Burgund, wurde ihr vom französischen König Ludwig XI. streitig gemacht. Maximilian hatte nicht
weniger als 11.000 Fußknechte mit blanken Waffen, Spießen und Hellebarden. Diese Knechte bestanden zum Großteil aus den
Aufgeboten der flämischen Stände und deutschen Söldnern. „Wie Maximilian zu diesen deutschen Landsknechten gekommen ist,
wissen wir nicht; ob er sie mit aus Deutschland gebracht hat, ob sie ihm während des Krieges zugelaufen, bleibt dahingestellt.
Wieviel es waren, wissen wir auch nicht.“

Dieses Fußvolk wird nach Art der Schweizer aufgestellt, in viereckiger Ordnung, und zahlreiche Edelleute nehmen zu Fuß in den
ersten Reihen der Schlachtordnung am Kampf teil. Auch die Hauptanführer, der Graf von Remont aus dem Hause Savoyen und Graf
Engelbert von Nassau kämpfen zu Fuß.

Diese beiden Edelleute waren bereits bei den Truppen Karls des Kühnen bei Nancy und waren daher mit der Taktik des Schweizer
Fußvolkes bestens vertraut. Diese Erfahrung stellten sie nun in den Dienst des 19-Jährigen Erzherzogs, des nominellen
Oberbefehlshabers bei Guingate, und errangen den Sieg. Die Unterlegenen bei Nancy siegten nun mit der neuen Taktik gegen das
Ritterheer der Franzosen, und das Verdienst Maximilians ist es, dies erkannt zu haben und daraus seine Schlüsse zu ziehen. Es
ist jedoch zu betonen, daß das flämische Aufgebot nicht als Landsknechte zu bezeichnen Ist., denn diese setzten sich nicht und
nirgends aus Landesaufgeboten und Bürgerwehren zusammen, sie waren vielmehr ausschließlich freie Söldner, die nur vom Kriege
lebten. Bei dem flämischen Fußvolk war dies jedoch nicht der Fall.

Am 22. März 1482 starb Maria, die Gemahlin Maximilians, im Alter von 25 Jahren nach einem Jagdunfall, und es entbrannte ein
folgenschwerer Streit zwischen den Ständen der Niederlande und dem Erzherzog, dem Vormund seines minderjährigen Sohnes
Philipp. Es wurde ihm die Unterstützung in seinem Kampf gegen Frankreich entzogen, und er mußte sich notgedrungen nach anderen
Hilfskräften umsehen, die er in den schweizerischen und oberdeutschen Söldnern fand. In den eidgenössischen Abschieden der
Jahre 1482 bis 1487 finden sich zahlreiche Hinweise, daß Schweizer Reisläufer in großer Zahl in den Dienst Maximilians traten.
Unter den eidgenössischen Hauptleuten, die diese Anwerbungen durchführten, ist besonders Konrad Gächuff bekannt, den wir schon
1482 in den Niederlanden finden, und der auch später noch Knechte für den Erzherzog warb. In dieser Zeit nun finden wir auch
zum ersten Male urkundlich in den eidgenössischen Abschieden und zwar im Jahre 1486 den Namen ‘Landsknecht’. „Damals wurde
Konrad Gächuff von der Tagsatzung verklagt, er habe geäußert, er wolle schwäbische, und andere Landsknechte so ausrüsten und
unterrichten, „daß einer derselben mehr wert sei, als zwei Eidgenossen.“

Maximilian hat nun das bunte Gemisch seiner Söldner in den taktischen Formen, die die Schweizer geschaffen hatten, geschult
und erzogen. Das wichtigste Mittel dazu war sein persönliches Beispiel, indem er selbst in ihre Reihen eintrat, den Spieß auf
die Schulter nahm und auch seine Edelleute bewog, in sein Fußvolk einzutreten.

Bei dem Zug gegen Gent, im Anfang des Jahres 1485, Im Kampf gegen die aufständischen Niederländer, stiegen Maximilian, der
Herzog von Geldern, der Graf von Chimay, die Herren von Ligne, von Montigny, von Trelon und noch ungefähr 30 andere Edelleute
von ihren Pferden und gingen zu Fuß gegen das Schloß von Oudenarde vor.

Einer der ersten deutschen Adeligen, die den Gedanken des Kaisers aufnahmen, war Graf Eitelfriedrich von Zollern. Nell
schildert, wie der Graf im Februar 1488 auf einem Platz in Brügge mit seinen Knechten lagert und diesen dort befiehlt:
„Faisons le limechon ä la mode d’Allemagne“ und „chacun avalle sa picquell. Daraus ist zu ersehen, daß die Bewaffnung aus
Spießen besteht und daß bereits feste Kommandos zur Herstellung eines taktischen Körpers üblich gewesen sind. Wie schnell sich
die Idee der neuen Fußtruppen unter Führung von Adeligen Bahn brach, erleben wir 1505, als Maximilian, den langen Spieß
schulternd, als einfacher Landsknecht an der Spitze einer großen Anzahl von Fürsten und Adeligen zu Fuß in Köln einzog. „Ihm
folgten zwei Pfalzgrafen bei Rhein, zwei Herzöge von Sachsen, zwei Markgrafen von Brandenburg, die Herzöge von Mecklenburg,
Braunschweig und Württemberg und der spätere ‚Vater der Landsknechte’ Georg von Frundsberg.“

Maximilian schwebte für die Organisation der Landsknechte die Form eines Ordens vor, nach dem Beispiel der Ritterorden, wobei
er auf einen von seinem Vater gegründeten zurückgriff. Kaiser Friedrich III. hatte Im Jahre 1467 einen St.-Georgs-Ritterorden
gegründet, dessen wichtigste Aufgabe der Kampf gegen die Türken sein sollte. Ursprünglicher Sitz war das ehemalige
Benediktinerkloster in Millstatt in Kärnten, 1479 wurde der Sitz des Ordens auf Wunsch des Kaisers nach Wiener Neustadt
übertragen. Maximilian errichtete dann im Anschluß an diesen Orden eine St. Georgs-Gesellschaft, die neben Adeligen auch nich
ritterliche Mitglieder zu Fuß und zu Roß aufnahm.

Und so heißt es in einem Volkslied:

„Gott gnad dem großmechtigen keiser frumme,
Maximilian! bei dem ist auf kumme
ein orden durchzeucht alle land
mit pfeifen und mit trummen,
landsknecht sind sie genannt.
In dem orden findt man gar seltsam knaben,
sie laufen an stett und schloß und graben,
des muß man iezund haben acht:
wo der orden regieret
werden lär hofstett gmacht.“

Aber Maximilian mußte auch schon sehr bald die Unverläßlichkeit seiner Knechte bei Soldverzug erfahren. Als er nach dem Tode
des Königs Matthias Corvinus 1490 die österreichischen Erblande zurückeroberte und in Ungarn eindrang, kam es zu einer
Meuterei wegen der ausbleibenden Soldzahlung, und bei Stuhlweißenburg mußte der Rückmarsch angetreten werden.

Diese Söldnerscharen waren aber noch immer nicht so tüchtig und geschickt wie ihre Lehrmeister, die Schweizer. Dies zeigte
sich sehr deutlich im Schweizer- oder Schwabenkrieg 1499. Ein Kriegsgrund dieser Auseinandersetzung war die Rivalität und der
Handwerkshaß zwischen dem deutschen Landsknecht und dem eidgenössischen Kriegsmann und Eifersucht und Neid auf der einen,
Überheblichkeit auf der anderen Seite.

Die Siege der Schweizer am St. Luziensteig (12. Februar 1499), bei Frastanz (20. April 1499), an der Calva bei Glurns (22. Mai
1499), am Schwaderloch bei Konstanz (16. Juli 1499) und bei Dornach (22. Juli 1499) zeigen noch Immer ihre Überlegenheit über
alle anderen Heere.

Jedoch die Entwicklung ging weiter, und die nach dem Muster der Schweiz nachgebildeten Fähnlein der Landsknechte stellten
immer mehr den Vorrang der Schweizer Reisläufer auf den Schlachtfeldern in Frage. „Da zahlreiche Führer der Landsknechte der
süddeutschen Ritterschaft entstammten, überlagerten sich die Gegensätze zwischen Adel, Ritterschaft und Bauernstand,
Landsknechtorden und eidgenössischem Kriegertum. Die Entfremdung zwischen Eidgenossen und ‚Schwaben‘, welche Bezeichnung
nunmehr vorzugsweise an den Bewohnern östlich des Schwarzwaldes und nördlich des Bodensees haftete, äußerte sich in einem
drastischen Schimpf- und Spottkrieg, worin die Eidgenossen zumeist wegen ihrer viehäuerlichen Herkunft und Beschäftigung
verunglimpft und herausgefordert wurden.

Maximilians Verdienst ist, daß er alle seine Kriege mit dem Fußvolk schlug und dadurch diese neue Einrichtung überallhin
verbreitete. Es gelang ihm, die Edelleute zum Eintritt in dieses Fußvolk zu bewegen und mit der neuen Waffe zu kämpfen. Sie
stellten sich in die erste Reihe des Haufens und übermittelten diesem ihren ritterlichen Sinn. „Der Fußkampf mit dem Spieß
wurde unter die ritterlichen Übungen eingereiht. Das Ehrbewußtsein, das Standesideal und der germanische Kämpfergeist des
Ritters gingen auf die Fußknechte über“.

Wenn Maximilian auch nicht der Schöpfer der Landsknechte ist, so ist er doch der ‚Vater der Landsknechte’, mit dessen Namen
dieser Begriff und diese Institution untrennbar verbunden sind.

Diese neue Kriegskunst brachte auch bald ihre großen Theoretiker hervor, den bekannten Florentiner Nicolo Machiavelli (1469 –
1527), der nicht nur politische, sondern auch militärische Schriften verfaßte. In seinen ‚Sette libri dell‘ arte della guerra’
legt er den Hauptnachdruck auf das Fußvolk, das er ‚den Nerv der Heere‘ nennt, und erwog mit Verständnis und Sorgfalt die
Vorteile sowohl der deutschen als der spanischen Taktik.

Da einst die Römer mit ihren Legionen die Welt besiegten, zeigte Machiavelli seinen Landsleuten, daß eine tüchtige
Bürgerinfanterie das Ideal einer Heeresverfassung darstelle. Auf seine Initiative schuf daher die Republik Florenz eine
Landwehr, eine Bürgermiliz, die schließlich eine Stärke von ca. 20.000 Mann erreichte. Das ganze Land wurde in Distrikte
eingeteilt, von denen jeder eine Kompagnie dieser Miliz stellte. Diese Kompagnien waren zu 70 % mit Langspießen bewaffnet, 10
% waren Schützen, und der Rest war mit Hellebarden und anderen blanken Waffen ausgerüstet. Man bildete Gevierthaufen und
gewöhnte sich, nach dem Trommelschlag im Tritt zu marschieren. Die Organisation war theoretisch wohl richtig, aber Machiavelli
war nicht imstande, die inneren Gegensätze der Republik aus der Welt zu schaffen. Diese war von außen bedroht durch die
Anstrengungen der Medici, wieder an die Macht zu kommen, und durch den Gegensatz zwischen der Stadt selbst und dem Großteil
des umliegenden Bauernlandes, das erst vor kurzer Zeit unterworfen worden war. Die Republik schuf sich ein Bürgerheer, lebte
aber in ständiger Furcht, von eben diesem Heer vernichtet zu werden. Daher hatten die Hauptleute überhaupt keine Gewalt über
ihre Kompagnien. Nur bei offener Meuterei durften vorläufige Festnahmen ausgesprochen werden, und die Strafgewalt hatten die
für jeden Distrikt zuständigen Regierungskommissäre und die Behörde in Florenz. Im Gegensatz zu den Legionen Roms mangelte es
daher in erster Linie an der Disziplin, die Roms Bauernheere zu Herren der Welt gemacht hatte. Wohl gelang es dieser
Heeresmacht, Pisa durch Aushungerung zu unterwerfen, aber als sich im Jahre 1512 eine Liga gebildet hatte, um die Medici
zurückzuführen, und als die Spanier bei ihrem Vormarsch die Stadt Prato stürmten und zerstörten, war das Ende der Republik
Florenz und damit auch das Ende der Bürgermiliz Machiavellis gekommen.

 

4. Werbung

Ein Name unter den deutschen Militärschriftstellern des 16. Jahrhunderts ist allgemein bekannt, Leonhart oder Lienhart Fronsperger. Seine Tätigkeit beginnt 1552 mit der Herausgabe der ‚Kaiserlichen Kriegsrechte’. Diesem Werk folgten die ‘Fünff Bücher von Kriegsregiment und Ordnung‘, deren Ausgabe von 1566 bei der vorliegenden Arbeit herangezogen wurde.

Fronsperger wurde in Ulm geboren und starb dort auch am 23. Mai 1575. Schon als Knabe lernte er das Kriegswesen kennen, diente 1535 bei der Belagerung von Marseille, 1541/42 bei den Belagerungen von Ofen und Pest, war 1552 bei dem kaiserlichen Heer in Frankreich Zeugmeister und stieg während des Türkenkrieges 1566 zur Würde eines Feldgerichtsschultheiß empor.

Er schildert im Detail das Kriegswesen der Landsknechtszeit, und so soll nun die Anwerbung, der Aufbau und die Organisation dieser Söldnertruppe mit ihren oft überraschenden Aspekten beleuchtet und untersucht werden.

Je nach Truppenbedarf beauftragte der Kriegsherr einen Oberst in Form einer Bestallung mit der Werbung und übergab ihm die als Laut- und Antrittsgeld erforderlichen Mittel.

In diesem Bestallungsbrief wurde festgelegt, wieviele Fähnlein anzuwerben wären und wann und wo die Musterung stattfinden sollte. Der Soldmonat wurde fast stets zu dreißig Tagen gerechnet, wobei es jedoch auch da Ausnahmen gab. Als Sold wurde – jedenfalls für den Zeitraum des 16. Jahrhunderts vier Gulden für den einfachen Knecht pro Monat vereinbart. Dieser Betrag wurde von den Knechten auch als gerecht empfunden, und es kam in den Landsknechtregimentern nie zu Unruhen wegen Solderhöhungen, sondern nur stets wegen Soldrückständen. Dieses Angebot reichte bei der allgemeinen wirtschaftlichen Situation wohl aus, um einer genügend großen Anzahl von Dienstwilligen den nötigen Anreiz zum Eintritt ins Fähnlein zu bieten.

„Dennoch hören wir in wenigen Fällen von Angeboten, die darüber lagen, vereinzelt sogar von Konditionen, die an das Lohnverhalten auf dem Arbeitsmarkt der Industriegesellschaft erinnern, so etwa, wenn bei der Werbung mit einem 13. Monatsold pro Jahr gelockt werden konnte.“

Der Oberst bestellte nun entsprechend der Anzahl der zu werbenden Fähnlein seine Hauptleute, gab ihnen das notwendige Werbegeld, wies ihnen die Werbebezirke zu und gab den Musterplatz bekannt. Das Werbepatent wurde durch Trommelschlag umgeschlagen.

Der Hauptmann nahm bei seiner Werbereise einen Feldschreiber mit, der jeden Bewerber in eine Liste eintrug, in der neben Tauf- und Zuname der Herkunftsort, die Höhe des zugebilligten Laufgeldes sowie die voraussichtliche Ausrüstung notiert wurden. Interessant Ist auch, daß über das Laufgeld hinaus auch jetzt schon ein Soldvorschuß gewährt werden konnte.

Die Stärke der Fähnlein schwankt zwischen 400 und 500 Mann, nur selten wird eine exakte Zahl angegeben.

Hier trat bereits die erste Möglichkeit des Soldbetruges an dem Kriegsherrn auf, nämlich wenn dann bei der Musterung behauptet wurde, daß Leute, die das Handgeld erhalten hatten, nicht bei der Musterung, erschienen seien. Zu den üblichen Formen des Werbebetruges gehörte es auch, den Neugeworbenen das ihnen zustehende Handgeld zu übergeben und diese Summe dann vom ersten Monatssold, der den Hauptleuten zur Weiterleitung an ihre Fähnlein übergeben wurde, einzubehalten.

Dem Geworbenen wurde nun der Tag und der Ort des Musterplatzes bekanntgegeben, wo über seine endgültige Aufnahme ins Fähnlein entschieden wurde.

 

5. Musterung

Dann versammelten sich die angeworbenen Knechte am vorgesehenen Musterplatz. Dies war der Ort, wo die Vertragspartner, der Kriegsherr, bei der Musterung meist durch einen Musterherrn oder Kriegskommissär vertreten, und die Landsknechte ihre Interessen geltend machten und abstimmten. 

Jost Amann Musterung

Die einzelnen Fähnlein stellten sich in zwei Reihen Front gegeneinander auf, zwischen den beiden Reihen wurde eine Gasse gelassen. Am Ende derselben bildeten zwei im Abstand von über einem Meter in die Erde gesteckte Hellebarden, über die quer ein Spieß gelegt war, ein Tor. Dort standen der Oberst, der Musterherr, der Hauptmann und ein Schreiber und musterten die Knechte, die nun Mann für Mann dieses Tor passieren mußten. Der Musterherr achtete darauf, daß nicht Untaugliche oder schlecht Bewaffnete durchgingen oder jemand zweimal durchzuschleichen versuchte.

Fronsperger bringt uns nicht nur einen zeitgenössischen Holzschnitt von Jost Amann über die Musterung, sondern auch eine Instruktion für den Musterherrn, worauf dieser besonders zu achten habe und wie er bei der Musterung vorgehen solle. Er solle sich zum festgesetzten Musterplatz begeben und das Kriegsvolk schwören lassen, sechs Monate lang zu dienen, jedoch mit dem Vorbehalt, sie nach Gutdünken auch schon vorher zu entlassen.

Er solle besonders darauf sehen, daß jedes Fähnlein mit 400 guten Kriegsknechten besetzt werde, die gesund und wohlgemut seien, und keinen mustern und passieren lassen, der krumm oder lahm sei oder gegen den sonst etwas auszusetzen sei.
Jedes Fähnlein solle 100 Übersöldner haben, darunter 100 vom ersten Blatt, in erster Linie Adelige und andere ehrliche und erfahrene Kriegsleute. Diese hätten besonders gut gerüstet zu sein, nämlich mit Panzerärmeln, Armschienen, Brust- und Rückenpanzer, auch Ringkragen und Sturmhauben. Diese bekämen 1 1/2 Monatssolde, also 6 Gulden. Keiner davon soll Doppelsold erhalten, außer er sei mit Harnisch sehr wohl gerüstet.

Er solle auch in jedem Fähnlein nicht mehr als 50 gute und geschickte Hackenschützen, von denen jeder 5 Gulden erhält, passieren lassen.
Er solle auch, außer für den Hauptmann und Fähnrich, keinen Buben oder Jungen mustern, und solle ganz besonders darauf achten, daß die Fähnlein mit guten, tapferen und ehrlichen Kriegsleuten besetzt werden.
Weiters solle er die Obersten und Hauptleute ermahnen und anhalten, darauf zu sehen, daß ihre Leute die Gastwirte ordentlich bezahlen, wie es sich gebührt.

Er solle die im Regiment befindlichen Grafen und Freiherren wie die anderen ehrlichen Kriegsleute halten, ihnen aber nicht mehr als fünf oder sechs Solde geben. Wenn aber ein alter und erfahrener Kriegsmann vorhanden ist, dem darf er bis acht Solde gewähren.
Besonders solle er darauf achten, daß keiner unter dem Namen eines anderen passiert, und wenn er dies bemerkt, solle er an den Eid erinnern und sie ‚dem Profos‘ zur Bestrafung übergeben.

Auch solle er weiters gut achtgeben, daß kein Knecht mit den Waffen, Spieß, Harnisch oder Panzer eines anderen durchgeht, die ihm für die Musterung nur geliehen wurden. Wenn aber einer oder mehrere deswegen ergriffen werden, sollen sie gestraft werden.

Schließlich werden auch die Solde für die einzelnen Dienstgrade festgesetzt.

Sollten jedoch bei einem Fähnlein mehr als 100 Doppelsöldner sich zum Dienst melden, so sind deren Namen neben einer Stellungsnahme des Musterherrn dem Kriegsherrn zu melden, der darüber entscheiden wird.

Bei dieser Instruktion für den Musterherrn sehen wir bereits die immer wiederkehrenden Hinweise auf den Soldbetrug wie z. B. das mehrfache Durchlaufen des Musterungsprozesses unter jeweils anderem Namen, eventuell bei verschiedenen Fähnlein oder das Ausleihen von Waffen bei der Musterung. Es war dies ein weitverbreitetes, nicht auszurottendes Übel.

Delbrück schreibt darüber: „Lazarus Schwendi nennt den Betrug bei der Musterung das Verderben der Teutschen. Bei den Musterungen wurden Troßbuben und selbst Weiber als Landsknechte ausstaffiert und in die Reihen eingestellt, um die Zahl zu füllen. Zuweilen wird vorgeschrieben, daß den ‚Passivolanten‘ die Nase abgeschnitten werden solle, um sie zugleich zu strafen und künftig für solchen Betrug untauglich zu machen“.

Für den unmittelbaren praktischen Gebrauch schrieb Stanislaus Hohenspach „Kurtzer und notwendiger Bericht der Feldschreiberey, Was einem rechten Feldschreiber zu wissen hochnötig, auch in seinem Ampt und Beruff eignet und gebüret“ (Heidelberg 1577) Hohenspach war selbst Feldschreiber und hat eine Anweisung zur Dienst- und Listenführung verfaßt, die bei der Musterung, der Bestellung der Ämter und der Soldauszahlung zu verwenden war.

Höchst interessant ist eine Notiz, die sich in seiner Aufstellung findet und die ein grelles Licht auf Praktiken wirft, die, bei Musterungen vorkamen, die ja immer wieder zur Feststellung der Sollstärken der Fähnlein vorgenommen werden mußten.

„Ob man einen aber für krank versprechen wolt, der nun lengst gestorben were, so leg ein Hurenjungen oder sonst ein kranken Knecht, der zuvor schon durchgegangen war, In ein losament im Landsknechtkleide darnieder, gib ihme denselben namen, als wann er sein eigener name were, wisse zu sagen an einer Rotte, daß sie schreyen, er ligt im Losament, wann man denselben namen verlieset. Darneben befilch den anderen Knechten vor den Mustern, daß keiner schrey, er sey todt oder entlauffen, sondern si sollen gar still schweigen, damit sie an der Musterung nichts ploderen“.

 

6. Artikelsbrief und Eid

Die Artikelsbriefe sind aus der Notwendigkeit entstanden, den geworbenen Knechten bestimmte Vorschriften zu geben, die in den
buntgemischten, unruhigen Verbänden Zucht und Ordnung aufrecht erhalten sollten. Die Artikelsbriefe waren schon zu Beginn
unseres Jahrhunderts Gegenstand eingehender Untersuchungen, und dabei sind besonders der Beitrag von Wilhelm Erben sowie das
grundlegende Werk von Wilhelm Beck zu beachten.

Die Wurzeln der Artikelsbriefe liegen in den Landfriedensgesetzen des Mittelalters, in denen, wie im Regensburger Landfrieden
vom Jahre 1244, das Friedgebot für Klöster, Kirchen und Mühlen enthalten ist, oder die Bestimmungen über Verräterei, die den
deutschen Rechtespiegeln entlehnt wurden .

Als weitere Vorläufer sind die Soldverträge der Städte und Städtebünde anzusehen, mit denen diese Ritter und Knechte in ihre
Dienste nahmen, um sich gegen die unaufhörlichen Überfälle und Räubereien zu schätzen. Ende des 15. Jahrhunderts erließen dann
die Feldherren ‚Feld- und Lagerordnungen‘, sozusagen Polizeiverordnungen, die das Leben im Lager und auf dem Zuge regelten.
Sehr bekannt wurden die Ordnungen des Kurfürsten Albrecht Achilles von Brandenburg von 1458 und 1462 sowie seine Heeresordnung
für den Türkenzug von 1486.

Auch aus den Bestellbriefen des 15. Jahrhunderts sind Bestimmungen in die späteren Artikelsbriefe übernommen worden, wie das
Anrecht an der Beute und Anordnungen für die Gefangenen oder das Verhalten bei einem Rumor oder Auflauf sowie die
Verpflichtung zur Schonung des eigenen oder befreundeten Landes.

Diese Ordnungen erhielten um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert die Bezeichnung ‚Artikelsbrief’, ein Name, der übrigens
vorübergehend auch für andere, nicht heeresrechtliche Quellen verwendet wurde, sofern es sich um reversartige Grundgesetze
handelte, die wegen Ihres Umfanges in einzelne Abschnitte, eben die Artikel, eingeteilt waren.

Das Wort selbst findet sich seit Beginn des 16. Jahrhunderts in den Quellen und zwar bei den Kriegsvorbereitungen des
Schwäbischen Bundes Im Frühjahr 1519 gegen Württemberg „Kriegsordnung fürzunehmen und darin Fürsehung zu tun… Und den
obersten Hauptmann über den ganzen Haufen den gemeinen Artikelsbrief, der Kriegsleut Ordnung, verlesen, dieselbigen zu halten,
darauf den Eid schwören“. Es mußten also die Knechte auch bereits einen Eid leisten, und damit sind die beiden
Entstehungskomponenten der Artikelsbriefe klar ersichtlich: Zusammenfassung von Eid und Feldordnung.‘

Die Artikel wurden stets nur für einen einzelnen Feldzug aufgestellt und hatten nur für diesen Geltung. Bei einem neuen Krieg
wurden sie wieder hervorgeholt, Uberprüft, und gemäß der neuen Voraussetzung und Situation einzelne Punkte abgeändert, ergänzt
und neu aufgenommen. Später bildete dann der Artikelsbrief stets eine Beilage zur Bestallung des Obersten. Auszüge daraus
erhielten die Hauptleute schon vor der Werbung, um am Werbeplatz die nötigsten Bedingungen, vor allem die Soldbeträge und die
Dienstdauer bekanntgeben zu können. Es trat auch bald die Notwendigkeit ein, von den Knechten schon bei der Anwerbung einen
vorläufigen Artikelsbrief beschwören zu lassen, um Ausschreitungen bis zum Eintreffen am Musterungsplatz und dem Beschwören
des endgültigen Artikelsbriefes möglichst zu verhindern.

Auf einen grundsätzlichen Unterschied zwischen den oberdeutschen und den schweizerischen Vorschriften sei jedoch hingewiesen.
Das Verbot der Bildung der Gemeinde, des Zusammentrittes der Knechte, ohne Wissen und Willen des Obersten. Natürlich wurde
dieses Verbot immer wieder übertreten, um Forderungen gegen die Vorgesetzten durchzudrücken. Die Bildung der Gemeinde wurde
von den Schweizern mit ihrer demokratischen Tradition übernommen und auch ein anderer, grausamer Kriegsbrauch, nämlich die
Gefangenen einfach totzuschlagen oder zu erstechen. In den Beratungspunkten des Kurfürstentages von Gelnhausen im Jahre 1502
wird darauf hingewiesen, „daß dies gegen den alten, löblichen, im Reich hergekommenen Brauch verstoße und daß solchem
mörderisch unchristlichen Wesen entgegengetreten werden solle“.

Wie erwähnt, wurden die Artikelsbriefe jeweils nur für einen Feldzug aufgestellt, und es erhebt sich die Frage, ob es solche
und ab wann es sie mit allgemeiner Reichsgeltung gab. Erben vertritt die Ansicht, daß erst mit Maximilians Il. auf dem
Speyerer Reichstag von 1570 verkündeten ‘74 Articul auf die deutschen Knecht‘ von einem Reichsgesetz für die Landsknechte
gesprochen werden kann.

Wenn nun alle Fähnlein gemustert waren, so ließ der Oberst, der selbstverständlich zu Pferd war, die Landsknechte um sich
einen Ring bilden, gebot Stille und hielt eine kurze Ansprache, in der er ihnen ans Herz legte, daß der Kriegsherr sie zur
Rettung und zum Schutz seines Landes und seiner Leute brauche, und forderte sie auf, dem Fürsten treu zu dienen und die
Artikel stets zu halten. Die Artikel selbst wurden von dem Schreiber verlesen und enthielten ungefähr folgende Bestimmungen:

Die Landsknechte sollen schwören, dem Fürsten, dem obersten Feldhauptmann und ihrem Feldobristen treulich zu dienen, ihren
Schaden zu wenden und ihr Frommen zu fördern, allen von dem Obristen bestellten Hauptleuten, Fähnrichen, Weibeln und
Befehlshabern ohne Wlderrede gehorsam zu sein in allem, was sie ihnen befehlen und anordnen. Sie sollen nicht meutern, sondern
sich gebrauchen lassen auf dem Marsch zu oder von den Feinden, auf Zügen oder Wachten, zu Wasser und zu Lande, bei Tag und bei
Nacht, je nachdem es notwendig sei. Sie sollten sich enthalten, Gott und Heilige zu lästern, sich auch verpflichten, Frauen,
alte Leute, Kinder und Geistliche nicht zu schädigen, und auch auf den Märschen nicht die Kirchen zu plündern. Sie sind
verpflichtet, dreißig Tage für einen Monat zu dienen bei einem Sold von v i e r rheinischen Gulden, und auch Geduld zu haben,
wenn sich die Auszahlung bis zu einem halben Monat verzögert, und daraus kein Recht herleiten, Wach- oder Kriegsdienst zu
verweigern. Wer ohne seinen Sold abgedient zu haben und ohne Erlaubnis des Obersten das Fähnlein verläßt, soll ehrlos sein und
an Leib und Leben gestraft werden. Wer bei den Zügen ohne ernstlichen Grund aus der Reihe trete und sich weigere, den
Anordnungen der Vorgesetzten zu gehorchen, dürfe ohne weiteres niedergestoßen werden. Nach einer gewonnenen Feldschlacht wird
der laufende Monat als voll angesehen, und mit dem nächsten Tag beginnt ein neuer Soldmonat. Bei Todesstrafe dürfe niemand in
einer durch Vertrag eingenommenen Ortschaft plündern. Wer in der Schlacht die Flucht ergreift, darf straflos getötet werden,
und wer einen solchen Feigling niederstoßen verdiene noch großen Dank. Sie dürfen ohne Erlaubnis des Obristen keine Gemeinde
veranstalten und mit dem Feind auf keine Weise ohne besondere Erlaubnis weder schriftlich noch mündlich verhandeln. Wer Verrat
eines anderen Landsknechtes anzeigt, bekommt dafür mindestens einen Monatssold und großen Dank, der Verräter aber wird dem
Gericht übergeben. Wenn es zu Schlägereien kommt, sollen die Umstehenden dreimal Frieden gebieten. Wer dem nicht nachkomme,
dürfe straflos niedergestoßen werden. Der Todesstrafe verfalle, wer nach gebotenem Frieden einen anderen verwunde. Im
Freundesland dürfe niemand etwas mit Gewalt und ohne Bezahlung wegnehmen oder beschädigen. Bei Proviantzuführung dürfe niemand
davon etwas erwerben, bevor nicht der Preis festgesetzt sei, sondern müsse abwarten, bis der Proviant auf dem vom Profoß
bestimmten Platz zum Verkauf gestellt und der Preis bestimmt sei. Keiner dürfe sich bei zwei Hauptleuten einschreiben oder
doppelt mustern lassen oder einem anderen seine Waffen und seinen Harnisch leihen, damit dieser sich damit mustern lasse. Wer
das tue, verfalle der Todesstrafe. Verboten wird das Brandschatzen, Brennen oder Lageranzünden ohne Befehl, das Alarmieren
ohne Anlaß, die Zerstörung von Mühlen oder Mühlwerken, sowie jeder Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Scharfrichter. Es
darf nicht weiter gespielt werden, als der Gegner mit barem Geld zahlen kann, Spielschulden über die Höhe des Solds hinaus
sind überhaupt ungültig. Ein jeder soll sich des Zutrinkens und anderer Laster enthalten. Mißhandlungen in Volltrunkenheit
sollen an Leib und Leben gestraft werden und die Trunkenheit kein Entschuldigungs- oder Milderungsgrund sein. Der Eid ist auf
sechs Monate zu leisten, und die Knechte müssen, wenn es nötig ist, auch darüber hinaus dienen. Was einer vom Feind erbeute,
gehöre ihm, außer Geschütz, Pulver, Proviant und Zeughäuser. Niemand darf, ohne schwach oder krank zu sein, zum Troß gehen.
Als Feldabzeichen soll jeder ein aufgenähtes rotes Kreuz und über dem Harnisch eine rote Binde tragen. Wer die verlesenen
Artikel nicht halte, solle als eidbrüchig vom Obersten gestraft werden, und an die Artikel sind auch die im Heer Dienenden
gebunden, die bei der Eidleistung zufällig nicht anwesend waren. Wenn ein Knecht den einen oder anderen Artikel nicht
verstünde oder ihn vergessen habe, dann solle er zum Schultheiß gehen und von ihm Auskunft und Aufklärung verlangen. Alle, die
etwa von den Feinden gefangen und von diesen gezwungen wurden, zu geloben, daß sie dem Kriegsherrn nicht mehr dienen wollten,
sind im voraus von ihrem Eid entbunden.

Als besonders interessant darf dabei gelten, daß auch die Knechte an den Artikelbrief gebunden sind, die bei der Verlesung und
der darauf folgenden Eidesleistung nicht anwesend waren. Dies zeigt, daß die Existenz einer geschriebenen Rechtsordnung und
die Verpflichtung a l l e r darauf die Grundforderung zur Ausrichtung des Verbandes auf seine zukünftige militärische Aufgabe
war.

Naturgemäß weichen nach Inhalt und Form die Artikelsbriefe bei den verschiedenen Kriegsherren und im Laufe der Zeit
voneinander ab. Zwei solche Briefe sind als Beilagen angeführt, der eine ist Kaiser Maximilians Artikelsbrief vom Jahre 1508
und der andere bei Fronsperger Ein Vergleich dieser beiden veranschaulicht auch die Entwicklung der Artikelsbriefe In der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Dabei ist auffällig, daß im ersten Artikelsbrief ausschließlich Pflichten und Verbote der Knechte festgelegt werden und zum
Beispiel über die Besoldung, die im Artikel VII des zweiten Briefes ausführlich geregelt ist, überhaupt nichts aufscheint.
Auch über die Dienstzeit oder die Beute (Artikel XL) wird im ersten Brief nicht gesprochen.

Es ist offenbar, daß in dem bei Fronsperger aufscheinenden Artikelbrief die Erfahrung vieler Kriegszüge, und Kriegsjahre ihren
Niederschlag und Ausdruck gefunden hat und ein Praktiker daraus spricht, der selbst als Schultheiß an einigen Feldzügen
teilgenommen hat. Aus dieser Praxis ist auch die Kennzeichnung der eigenen Leute mit einem roten Kreuz (Artikel XLV) zu
erklären, die bei Maximilian noch nicht erwähnt Ist. Eine solche Unterscheidung ist aber Im Schlachtgetümmel eine unbedingte
Notwendigkeit.

Die Artikelsbriefe, aus denen die späteren Kriegsartikel geworden sind, sind Dokumente von größter kulturgeschichtlicher
Bedeutung.

Verlesung des Artikelsbriefes und Vereidigung

Nach der Verlesung des Artikelsbriefes wurde auch der Eid in der Versammlungsform der Einheit, dem Ring, geleistet und von
einem fahrenden Amtsträger, dem fürstlichen Kommissar, dem Obersten oder auch dem Schultheiß entgegengenommen. Die äußere Form
ist nicht einheitlich, entweder mit zwei oder mit drei Schwurfingern. Der Wortlaut selbst lautet nach Delbrück: „Wie mir
vorgelesen ist, und ich mit worten wol verstanden und bescheiden bin, das war, fest und stät zu halten, und dem getreuwlich
und ungefehrlich nachzukommen, als schwer und gelob ich, als mir Gott helff und das heilig Evangelium“.

Ab jetzt war der Eid für alle Personen des Regimentes, einschließlich der Marketender, der Sudler (Köche), der ehelichen und
nichtehelichen Soldatenweiber, der eventuellen Dienstboten und eidesfähigen Knaben verbindlich. Ausgenommen war nur der
Oberst, denn sein Rechtsverhältnis wurde durch die vom Kriegsherrn ausgestellte Bestallung begründet.

Mit der Verlesung des Artikelsbriefes und der Leistung des Eides erreichte die Übernahme des Knechts in den Verband ihren
Abschluß.

 

7. Besoldung und Bewaffnung

Die Bezahlung des Landsknechtes erfolgte, wie es z. B. beim Reichstag von Konstanz im Jahre 1507 festgesetzt wurde, mit 4 
Gulden pro Monat und zwar „für Sold, Kost und Schaden“. Jeder Knecht mußte sich daher selbst verpflegen und kleiden, hatte für 
seine Ausrüstung zu sorgen und mußte für etwaige Verluste an seinem Eigentum selbst aufkommen.

Stellen wir dem die Kosten einiger wichtiger Ausrüstungsgegenstände gegenüber:

Ganze Rüstung           16 Gulden
Teilrüstung                  12 Gulden
Hakenbüchse               3 1/2 Gulden
Spieß                             1 Gulden
Sturmhaube                3 Gulden

Diese Entlohnung von vier Gulden blieb das ganze 16. Jahrhundert konstant, denn noch im schon erwähnten Reichsabschied von 
Speyer 1570 wird ebenfalls „ein monat sold vier gulden zu fünfftzehen patzen oder sechtzig kreutzer“ festgesetzt.

Diese Soldzahlung allein macht schon die Einführung eines entsprechenden Verwaltungspersonales notwendig, wobei bei den 
Fähnlein Schreiber, bei den obersten Ämtern aber Pfennigmeister eingesetzt wurden. Die Hauptverantwortung lag aber bei den 
Hauptleuten, die nach unten mit ihren untergebenen Knechten gut auskommen mußten, sich nach oben aber vor dem Kriegsherrn und 
dessen Vertreter, dem Obersten „zu verantworten hatten. Das Rechnungswesen war insofern verwickelt, weil den Offizieren, den 
besser bewaffneten Doppelsöldnern und Leuten, die irgendwelche Spezialdienste versahen, von vornherein nicht ein bestimmter 
Lohn sondern eine gewisse Zahl von Übersölden zugebilligt war. Die Anzahl dieser Übersöldner war so hoch, daß man auf ein 
Fähnlein Knechte von 400 Mann 500 Solde rechnete. Hier war nun den Soldbetrügereien naturgemäß Tür und Tor geöffnet, da 
unredliche Hauptleute sich bemühten, die Zahl der Übersolde, die auf ihr Fähnlein entfiel, dadurch zu vermehren, daß sie 
einfach weniger Knechte unter ihren Fahnen hielten, als sie verpflichtet waren.

Die monatlichen Kosten für ein Regiment ergeben sich nun aus folgender Aufstellung und Berechnung:

Regiment
                                                 Solde  Gulden
Obersten                                   100        400
Locotenent                                  25        100
Kaplan                                           3           12
Schreiber                                      6           24
Wachtmeister                            10          40
Quartiermeister                        10          40
Proviantmeister                        10          40
Feldscheerer                              10          40
Feldarzt                                      10          40
Trommler                                     2            8
Pfeifer                                           2            8
Dolmetscher                                2            8
Koch                                              2            8
Fuhrknecht                                   1           4
Trabantem, jedem                      1           4
Huren-Waibel                             3         12

Fähnlein
jedem                                     Solde  Gulden
10 Hauptleute                            10       400
10 Leutnante                                5       200
10 Fähnriche                                5       200
10 Kapläne                                   2          80
10 Feldwebel                                3        120
10 Führer                                      1          40
10 Fouriere                                   1          40
20 Waibel                                     1          80
20 Trommler                               1          80
20 Pfeifer                                      1          80
20 Trabanten                              1           80
10 Dolmetscher                           1          40
10 Hauptmannsburschen         1          40
10 Fähnrichsburschen               1          40
10 Hauptmannsköche                1         40
10 Reisige Knechte                     1          40
dazu der Gerichtsstaat mit                 236

und die Mannschaft von 10 Fähnlein zu je 400 Knechten unter Berücksichtigung der zahlreichen Übersolde 32.000 Daher beliefen 
sich die Kosten eines Regimentes pro Monat auf 34.624 Gulden.

Für den Sold mußte sich der Mann selbst gänzlich erhalten, der Kriegsherr übernahm jedoch die Verpflichtung, den Proviant 
herbeizuschaffen. Wurde dieser jedoch in Form der Verpflegung selbst beigestellt, so wurde ein entsprechender Betrag dafür vom 
Sold In Abrechnung gebracht.

Die Unfähigkeit des Kriegsherrn oder die Unmöglichkeit, termingemäß die Soldzahlung zu leisten, kann wohl als die größte 
Gefahr für die Moral, Disziplin und Kampfbereitschaft des Regimentes betrachtet werden. Selbst bei den beliebtesten und 
berühmtesten Landsknechtführern kam es bei Soldverzug zu Meutereien und wüsten Tumulten. Bekanntlich erlitt Georg von 
Frundsberg am 16. März 1527 bei dem Versuch, die tobenden Landsknechte, die ihren rückständigenSold verlangten, zu beruhigen, 
einen Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholen sollte.

Neben dem Sold, der nur bei sparsamem Haushalten ein Auskommen ermöglichte, war die Aussicht auf Beute das zweite Anreizmittel 
für den Kriegsdienst der Landsknechte. Dieses Recht auf Beute war im Artikelsbrief festgelegt und verbürgt, „Vnd was einer in 
Schlachten/Stürmen/oder sonst den Feind abgewünne/sol einem jeden nach Kriegßrecht vnd ordnung bleiben/sonder 
geschütz/pulffer/vnd die Heuser gemeins nutz/darinn der vorrath gemeiner Statt/an geschutz vnd profandt geordnet vnd profandt 
Heuser seyn/vn sonst alles anderß was zur Arckelley vnd zu, erhaltung desselbigen Fleckens gehört/ damit sol der Oberst 
Feldhauptman; zu handlen haben/Aber was ausserhalb dessen/so zu erhaltung gemeiner Statt in vorraht in derselben Profand vnd 
Zeugheusern/in der Bürger vnd andern Heusern oder Höfen gefunden/vnd der Feinden abgewonnen wirt/sol einem jede preiß 
seyn/Doch sol der oder dieselben solche gewonnene beut/als Profandt oder vihe nit auß dem Läger führen/sondern im Läger vmb 
ziemlichen pfennig den Knechten vnd Kriegsvolck verkaufen“.

Wir sehen dabei auch gewisse Einschränkungen. Geschütz, Pulver und Häuser gemeinen Nutzens, also Vorratshäuser, düfen nicht 
geplündert werden. Proviant dient dem Nutzen der Allgemeinheit, und es ist daher untersagt, erbeutetes Vieh und Nahrungsmittel 
aus dem Lager zu entfernen, sondern dies soll am Lagermarkt um den ortsüblichen Preis an die Knechte verkauft werden.

Eine weitere Möglichkeit, aus seinem Kriegsdienst materiellen Gewinn zu erzielen, waren die Kriegsgefangenen.

Wenn der gegnerische Kriegsherr selbst oder sein oberster Kriegshauptmann in Gefangenschaft gerieten, mußten sie zwar dem 
eigenen Fürsten übergeben werden, doch bestand die Verpflichtung, „die nicht leer ausgehen zu lassen, dem ihre Ergreifung zu 
verdanken war“.

Geriet der Knecht selbst in Gefangenschaft, bestand ebenfalls die Möglichkeit der Auslösung, eventuell wurde die ausgelegte 
Summe dann vom Sold einbehalten.

Ursprünglich war der Spieß die eigentliche Waffe des Landsknechtes. Er wurde, wie wir gesehen haben, von den Schweizern 
übernommen, die ihn vor allem nach den Burgunderkriegen zu ihrer Hauptwaffe machten. Zuerst als reine Defensivwaffe gegen die 
Ritterheere in Verwendung, wurde er bald zur Angriffswaffe in der gevierten Ordnung, der taktischen Ordnung.
Betrachten wir kurz den Unterschied zwischen den Schweizer und den Deutschen Spießen.

1-12 zeigt Schweizer Spieße, die blattförmige (1-6) oder vierkantige (7-11) Spießeisen aufweisen. Die Länge beträgt bei den 
blattförmigen Spitzen bis 16 cm, bei den dolchförmigen bis 18 cm, Nr. 12 ist ganz abweichend. 13-17 zeigt die deutsche Spitze, 
wobei zunächst das sogenannte Froschmaul zu erwähnen ist, das die Landsknechte Maximilians geführt haben. Die Bezeichnung 
kommt von der Vorstellung, daß die beiden seitlichen Endungen zusammengezogen dem herunterhängenden Maul eines Frosches 
ähneln. Außer diesen kurzblättrigen Formen hatten die Landsknechte auch noch die längeren, die als 15, 16 und 17 abgebildet 
sind. Der Schaft selbst wir aus Eschenholz, er mußte leicht und doch kräftig sein. Die Länge war verschieden, sie schwankte 
zwischen 3,85 und 5,15 m. Ein sehr wichtiges Moment ist die Lage des Schwerpunktes im Gefecht wie beim Tragen der Waffe. Die 
dickste Stelle, die natürliche Handhabe, lag etwa 3 m von der Spitze entfernt, es lag der Schwerpunkt also vor dem Kämpfer, um 
so die notwendige Stoß- und Durchschlagskraft zu erreichen. Um die Festigkeit in der Hand zu erhöhen, wurde der Schaft 
manchmal unrund geschnitzt, mit Flächen, leichten Kanten und Kerben. Beim Marsch trug der Knecht den Spieß auf der Schulter, 
wenigstens beim Kriegsmarsch. Ging es durch Freundesland, so werden sie wohl auf Wagen nachgefahren worden sein.
Im Gefecht wurde der Spieß gesenkt, der Knecht verlegte sein Schwergewicht auf das rechte, gebeugte Bein und versuchte nun 
seinen langsamen Stoß so anzubringen, daß er eine Fuge im Harnisch des Gegners traf. Es war daher notwendig, die am besten 
ausgebildeten Knechte ins erste Glied der Ordnung zu stellen, wenn der erste Angriff einsetzte. Ein Zurück gab es für den 
Spießer nicht, der Haufen ‘druckte’ nach, er mußte in die Reihe der Feinde eindringen oder selbst fallen. Je mehr die 
Feuerwaffe an Bedeutung zunahm, desto mehr verlor der Spieß an Bedeutung, umso mehr, da er wegen seiner Länge sowohl bei der 
Einquartierung als auch beim Biwak nur schwer unter Dach und Fach zu bringen war, sondern fast nur im Freien untergebracht 
werden konnte. Sein letztes Ende findet er in der Verwendung als spanischer Reiter und dient, kreuzweise durch einen Balken 
gesteckt, zur Abwehr der Reiterei aus den Flanken oder bei Belagerungen.

Neben den Spießen waren aber auch noch folgende Stangenwaffen im Gebrauch:
P a r t i s a n e n, das sind Stangenwaffen zum Stechen mit einer zweischneidigen Mittelspitze, die an ihrem unteren Ende zu 
zwei Nebenspitzen oder Ansätzen (Ohren) nach beiden Seiten gleichmäßig ausgeschmiedet ist.

Partisanen

 

H e l m b a r t e n, das sind Stangenwaffen zum Schlagen mit einem beilförmigen Eisen, das gewöhnlich mit einer Spitze zum 
Stechen und einem Stachel am Rücken versehen ist.

Helmbarten

G l ä v e n, das sind Stangenwaffen zum Schlagen mit einem messerförmigen Eisen, das entweder eine glatte, nach außen 
gekrümmte Schneide hatte oder mit einem nach innen gerammten Haken an der Schneide, einer Spitze und einem Stachel am Rücken 
versehen war.

Gläven

Neben diesen Stangenwaffen führte der Landsknecht noch ein besonderes Schwert, den „Katzbalger“, der als eigentliches 
Landsknechtschwert galt. Die Klinge war nur 500 bis 550 mm lang, die Spitze stumpf. Der Handgriff selbst war kurz mit 
ausgeprägtem Knauf. Als Handschutz diente eine gebogene Parierstange in Form einer waagrechten Brille. Diese Waffe wurde fast 
waagrecht an der Hüfte, quer vor den Magen geschnallt, getragen.
Weiters trugen Doppelsöldner den „Bidenhänder“, ein besonderes Schlachtschwert. Dieses besaß eine sehr lange und breite 
Klinge, die gerade oder ‘geflammt‘ (Flamberg) sein konnte. Man trug diese Bidenhänder, zu deren Gebrauch große Fertigkeit und 
Übung notwendig war, ohne Scheide über der Schulter. Deren Träger hatten eine Bresche in den Spießerwall der Gegner zu legen, 
als besondere Auszeichnung übernahmen sie aber auch den Schutz der Fahne oder des Obersten.

Landsknecht mit Zweihänder

 

Landsknecht-Doppelsöldner mit Hakenbüchse und Katzbalger

Die andere Watte, die von Doppelsöldnern benutzt wurde, war die Arkebuse oder Hakenbüchse. Es handelt sich um ein mit einem 
Luntenschloß ausgestattetes Handgewehr, das einen leichten Zünder oder eine Lunte an einem S-förmigen Klammerabzug besaß. Die 
Reichweite der Arkebuse betrug etwa 400 Schritt. Sie war jedoch ungenau und konnte bei regnerischem Wetter nicht immer benutzt 
werden. Trotz der Schwere dieser Waffe kann man zeitgenössischen Darstellungen nicht entnehmen, daß die Arkebusiere eine 
Stütze für ihre Waffe verwendet hätten.

Als Schutzwaffen trugen die Knechte, wenn überhaupt, nur Teile eines Harnisches oder ein Kettenhemd, aber auch sogenannte 
Brigantinen oder einen Korazin. Das waren kurze Wämser aus dickem Stoff, mit Metallpättchen unterlegt. Meist waren dabei die 
Nieten, mit denen die Metallplättchen befestigt waren, auf der Außenseite als Noppenmuster sichtbar. Als Helm wurde eine 
Eisenhaube bevorzugt. Sie besaß die Kopfform einer Beckenhaube, hatte aber einen breiten Rand. Aus ihr entwickelte sich die 
Sturmhaube, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts „Kopfbedeckung nach Burgunder Art“ genannt wurde.

Sie besaß Wangenklappen und einen ausgeprägten Nackenschutz. Die Bekleidung selbst war vollkommen uneinheitlich, jeder 
Landsknecht kleidete sich so, wie es ihm beliebte.

 

8. Die militärischen Ämter

Die militärischen Ämter in Ihren vielfachen Abstufungen wurden nach dem Leistungsprinzip und nicht nach ständischen Kriterien
vergeben. So findet sich in den verschiedenen Kriegsordnungen oder Ämterbuchern für die Knechte im Gegensatz zur Reiterei
nirgends die eindeutige Forderung, daß der Oberst eines Landsknechtregimentes ein Adeliger sein müsse. Zum Hauptmann aber soll
man „einen ehrlichen, gebrauchten, erfahrenen, geschickten Mann, der den Krieg erfahren und geübt … und bey den Knechten
bekannt und verdienst sey“ bestellen.

Natürlich spielten bei der Vergabe der Ämter auch persönliche und Familienbeziehungen eine Rolle. Georg von Frundsbergs Sohn
Caspar war mit 22 Jahren Hauptmann eines Fähnleins, und sein Bruder Melchior, der mit seinem Vater schon als Hauptmann nach
Italien gezogen war, starb 20-Jährig im Jahr 1528 in Rom. Eine wichtige Rolle spielten dabei zweifellos die Verbindung von
Führungsposition und Unternehmertum, also wirtschaftliche Erwägungen. Besonders erfolgreich war dabei, im Gegensatz zu
Frundsberg,- Sebastian Schertlin von Burtenbach, der bei seiner Rückkehr vom Italienzug im Mai 1529 außer seiner Beute 15.000
Gulden in bar heimbrachte

Die Masse des Adels aber hielt sich von der Fußtruppe fern, was wesentlich dadurch bedingt gewesen sein durfte, daß sie sich
nicht von ihrem mittelalterlich bestimmten Kriegsbild in Vorstellungswelt und Lebensweise loslösen konnte und daher den Dienst
bei der Reiterei vorzog, der besser den ritterlichen Idealen entsprach.

Die Bezeichnung ‚Amt‘ wird in gleicher Weise für die Funktion und den Funktionsträger gebraucht. Der Begriff ‚Offizier‘, als
Verwalter eines officium, erscheint im militärischen Sprachgebrauch erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts, wobei es eine
Unterscheidung zwischen Ober- und Unteroffizieren noch nicht gibt. Die Auswahl der geeigneten Männer und ihre Bestellung für
die höheren Ämter war Aufgabe des Obersten, des Regimentskommandeurs, aufgrund seiner Beurteilung und seiner unabhängigen
Entscheidungs- und Befehlsgewalt. Diesem Recht des Obersten wurde große Bedeutung zugemessen, und es diente zweifellos auch
dazu, die innere Verbundenheit im Söldnerheer zu stärken. „Das Wissen darum, ein Amt aus der Hand des Obersten empfangen zu
haben, halte im Söldner das Bewußtsein wach, es jederzeit durch ihn wieder verlieren, zu können und im Gegensatz dazu hätte
eine Stellenvergabe über den Kopf des Obersten hinweg die Widersetzlichkeit einzelner Amtsträger stutzen können“.

Dies galt auch für die unteren Stufen der Hierarchie. Es wurde vermieden, daß Träger hoher Ämter in Bereiche eingriffen, die
von niedrigeren Dienststellen verwaltet wurden. Es wurden aber auch die Amtsträger bei Verfehlungen zur Verantwortung gezogen
und Fronsperger erwähnt ausdrücklich die Haftung des‘ Musterschreibers „dann wo der Schreiber was vbersicht/muß ers bezalen
vnd erstatten“.

Jeder Träger eines höheren Amtes wurde den im Ring versammelten Knechten vorgeführt und vorgestellt. Dies war nicht nur ein
konstitutiver Akt, sondern auch eine praktische Notwendigkeit, denn wie sonst sollten die Krieger beim Fehlen aller
Rangabzeichen den Träger einer Befehls- oder Gerichtsgewalt kennenlernen?

Aus den Ämterlisten ist zu entnehmen, daß verschiedenen Befehlsträgern Helfer und Vertreter beigegeben waren, die Leutnants
den Obersten, Hauptleuten und Profosen, oder sogar dem Hurenweybel ein Leutnant und Fähnrich. Besonders im Proviantwesen, bei
den Proviantmeistern, war dies zu bemerken. Je mehr Gehilfen, desto höher das Ansehen. Schon damals bei den Landsknechten hat
das Parkinson’sche Gesetz nicht nur zur Aufblähung der Bürokratie, sondern auch zur Verteuerung der Institution nicht
unwesentlich beigetragen.

Die Inhaber der Ämter hatten nach ihrer Bestellung in die Hand des Obersten einen Eid zu leisten, der auf ihren besonderen
Aufgabenbereich Bezug nahm.

8.1 Die Ämter des Regimentes

Der Oberst: Die Stellung des Obersten im Landsknechtsheer war sehr stark, Barthold nennt ihn „den Diktator der
Soldatenrepublik“. Er ernannte nicht nur seine Offiziere, von ihm ging auch die disziplinäre und richterliche Gewalt in seinem
Bereich aus, ihm allein stand die Entscheidung zu, wie auf eine Rechtsverletzung zu reagieren sei, ob disziplinär, polizeilich
durch den Profosen, gerichtlich durch ‚den Schultheiß oder sogar durch das Spießgericht, bzw. ob gar nicht gestraft werden
sollte. Er konnte dem Gerichtsverfahren beiwohnen und bereits ergangene Urteile abändern. Er vertrat eben den Kriegsherrn vor
seinen Knechten, aber nicht nur das, sondern die Landsknechte identifizierten sich häufig mit ihren Führern, von denen man
„analog dem mittelalterlichen Königsheil sehr wohl von einem Obristenheil. sprechen kann“. Gerade Georg von Frundsberg vertrat
wohl am ausgeprägtesten den als Vatergestalt verehrten militärischen Führer, der mit naturlicher Autorität ausgestattet war.
Aber auch den anderen bekannten Landsknechtführern Sittich von Ems, Schertlin von Bürtenbach, Konrad von Bemelberg und Franz
von Sickingen strömten die Knechte zu, wenn sie die Werbetrommel rührten. Der Dienst des Obersten wurde durch hohe Besoldung
anerkannte und meistens kehrte er aus kurzem Feldzug mit Reichtümern nach Hause zurück.

Dem Obersten gebührten monatlich rund 600 Gulden, also eine gewaltige Summe, die sich wie.folgt ergab:

Für ihn und seine Tafel 400 Gulden

8 Trabanten 32 “
8 geröstete Pferde je 10 fl 80 “
1 Wagen 24 “
1 Spiel (Trommler u. Pfeifer) 16 “
1 Kaplan 8 “
1 Koch 8 “
1 Dolmetsch 8 “
1 Schreiber 8 “
für Extraordinari 8 “

Vor der Schlacht trat der Oberst vor die angetretenen Haufen, um sie aufzumuntern, und im Kampf führte er sie persönlich durch
sein Beispiel, er kämpfte im ersten Glied. Bei Beginn der Schlacht bei Bicocca 1522 -siegte Frundsberg im Zweikampf gegen –
den Schweizer Arnold von Winkelried, und ein solches Ereignis hatte naturgemäß auf die Führung des Regimentes größten Einfluß,
eine Führung, die nicht auf dem geschriebenen Artikelsbrief, sondern auf der Wirkung einer Persönlichkeit beruhte.

Für den Fall der Verhinderung oder Abwesenheit des Obersten wurde ein Stellvertreter ernannt , sein Leutnant oder Locotenent,
der aus der Mitte der Hauptleute ausgewählt wurde.

Der Oberst vber Teutsch Kriegsvolck oder Fußknecht

Der Schultheiß war Vorsitzender Im Feldgericht der Landsknechte und wurde als Institution aus der städtischen und dörflichen
Verfassung übernommen. Über seine, Voraussetzungen erfahren wir nur wenig, er mußte nur geschickt und im Kriegsrecht erfahren
sein, eine verhandlungsgeschickte Persönlichkeit, die auch Rechtserfahrung besitzt. Er bezog die Entlohnung eines Hauptmannes,
also zehnfachen Sold. Seine Gerichtstätigkeit übte er gemeinsam mit 12 Männern, den Schöffen, aus dem Regiment aus, wenn
möglich aus jedem Fähnlein einen. Das Gerichtsverfahren selbst wird bei der Behandlung des Gerichtswesens im Landsknechtsheer
noch eingehend erörtert werden.

Neben seinen richterlichen Aufgaben versah er die Funktion eines Notars, eines Urkundsbeamten, die Ihm gewisse unbedeutende
Nebeneinnahmen sicherte. Ferner gehörte zu seinen Einkünften eine Gebühr, die ihm für die Aufbewahrung von Gegenständen zu
entrichten war, für die er bei Verlust haftete.

Der technische Gehilfe des Schultheiß war der Gerichtsweybel, der aus dem Kreis der Doppelsöldner genommen wurde, jedoch bei
seinem Hauptmann eingeschrieben blieb. Er besorgte die Vorbereitung und äußere Organisation der Gerichtsverhandlungen, war
Ordonnanz des Richters und übernahm das Eintreiben der Gerichtsgebühren.

Ferner gehörte der Gerichtsschreiber zur Gruppe der Rechtspersonen im Regiment. Er wurde eigens bestellt und mußte sehr
schreibkundig sein, da er den gesamten Prozeßverlauf aktenkundig zu machen hatte. Er mußte die Zeugenaussagen protokollieren,
das Geständnis des Angeklagten niederschreiben und die Urteile ausfertigen. Er erhielt wie der Gerichtsweybel zu seinem Sold
aus seiner Gerichtstätigkeit Sporteln, die nach Einzelfällen beziffert wurden.

Der Profos hatte eine recht schwierige und dabei äußerst wichtige Rolle, denn er vereinigte in sich die Funktionen der Polizei
und der Staatsanwaltschaft. Er hatte Rechtsbrecher zu ermitteln und sie mit Hilfe seines Amtspersonals, dem Stockmeister und
den Steckenknechten, festzunehmen. Gerichtliche Strafen konnte er selbst vollstrecken, bei schweren Delikten hatte er beim
Obersten die Überstellung ans Gericht zu beantragen, und hier vertrat er wiederum die Anklage.

„Man pflegt gewonlich alte/erfahrne/tapffere/wolbekante/ vn beredte männer zu diesem Ampt zu erwehlen/die lang vnder den
Knechten gelegen/viel erfahren/ämpter getragen haben/dann jn auch der General Oberst etwan bisweilen In geheimen Rahtschlägen
gebraucht.“.

Zu diesem Amt sollte also eine sehr erfahrene, langgediente Persönlichkeit berufen werden, die auch aufgrund ihrer Erfahrung
dem Kriegsrat beigezogen werden konnte. Er war aber auch die Instanz, mit der ein Rechtsbrecher am ehesten konfrontiert wurde,
in dessen Ermessen es häufig lag, auf welche Weise ein Rechtsbruch geahndet wurde. Das erzeugte ihm gegenüber eine natürliche
Abwehrhaltung der Knechte, sodaß er durch einen besonderen Personenfrieden geschützt war.

Landsknecht-Profos

Am Tage der Regimentsauflösung waren der Profos und seine Leute häufig nicht mehr im Lager, sondern hatten es häufig schon
vorher verlassen. Das heißt, mit der Aufhebung des Lagerfriedens fiel der Schutz für diese Männer fort, und sie waren ihres
Lebens nicht mehr sicher.

Außer seiner Funktion als Anklagevertreter, die später noch behandelt werden wird, hatte der Profos auch die polizeiliche
Aufsicht über den Lagermarkt. Dies war eine besonders wichtige Aufgabe, da die Knechte sich selbst versorgen mußten, und er
für die Überwachung des Marktes, die Kontrolle der Wagen und Preise zuständig war und die Verhandlungen bezüglich der
Preisfestsetzung mit den Händlern fuhren mußte. Für die Beschickung des Lagermarktes mit einem ausreichenden Warenangebot,
besonders an Lebensmitteln, war der Proviantmeister zuständig. Es ist unübersehbar, daß ein Hauptproblem der Kriegführung
dieser Zeit die rechtzeitige und genügende Versorgung den Lagermarktes war.

Bei der Errichtung eines Lagers wurde auch vom Profos ein Galgen errichtet, und zu seinen Untergebenen gehörte auch der
Nachrichter, der Henker. Zu dessen Aufgabenbereich zählten nicht nur die Hinrichtungen aller Art und Verstümmelungen, sondern
auch die Beseitigung verendeter Tiere, die Abdeckerei.

Ein weiteres Amt war der Quartiermeister, der dem Regiment vorauszuziehen und den geeigneten Platz für das Lager und die
Quartiere, vor allem für den Obersten und die anderen Ämter auszuwählen hatte. Er bezeichnete den Platz für den Lagermarkt und
teilte die übrigen Quartiere und Plätze zu, um die die Fouriere der einzelnen Fähnlein losten.

Der Wachtmeister ist für die Sicherheit des Lagers zuständig. Er holt die Losung vom Obersten ein, fährt die Wachen auf und
kontrolliert sie auch. „Was er als dann farlessig oder schlefferig findt/hat er gewalt zu erstechen/wo nicht/sol ers dem
Obersten anzeygen/vn für Recht stelle/die vermüg deß Artickels Brieffs am Leben zu straffen“ .

Der Pfennigmeister hatte den Sold auszuzahlen und die Geldgeschäfte des Regimentes zu besorgen, die oft von großem Umfang
waren. Von ihm wird verlangt, daß er ein praktischer Mann sei, überall bekannt und in der Lage sein müsse, Geld und Wechsel
herbeizuschaffen.

Nach der Musterung erhielt er von jedem Hauptmann die Aufstellung der gemusterten Knechte, um jederzeit nach dem jeweiligen
Stand die notwendigen Mittel zur Soldauszahlung bereitstellen zu können.

Pfennigmeister

Ihm stehen Schreiber, so viel er benötigt, zur Unterstützung zu.

Vereinzelt scheinen auch Brandmeister auf, deren Aufgabe es war, auf Befehl des Obersten im Feindesland niederzubrennen oder
Brandschatzungen einzuheben. Diese oder sonstige von ihm eingebrachte Beute hatte er mit dem Obersten zu teilen.

Der Hurenweybel war der Troßführer des Regimentes und für das Funktionieren desselben von größter Wichtigkeit.

Da für 10 Knechte ein Wagen gerechnet wurde, war der Troß meist von gewaltiger Größe, aber auch notwendig. Der Landsknecht
wollte sein Weib oder wenigstens einen Buben zu seiner Bedienung bei sich haben, die ihn bei Erkrankung oder Verwundung
pflegen sollten, denn Lazarette oder Einrichtungen ähnlicher Art gab es nicht. Aber auch zur Zubereitung der Verpflegung waren
die Troßweiber unentbehrlich. Auch die Sudler und Sudlerinnen in den öffentlichen Küchen des Lagers unterstanden dem
Hurenweybel. „dazu gehört ein geschickter/ehrlicher /verstendiger Kriegßman/ … nemlich der vil Schlacht vn sturm hat helffen
thun/ solcher Weybel sol von dem Oberste darzu bestätigt werde/Es geburt jm auch etwan sein eygen Leutenant vnd Fenderich/wann
der Troß also starck ist/ So geburt jme Hauptmans Besoldung/“.

Hurenweybel

Im Zuge hatte er dafür zu sorgen, daß der Troß in guter Ordnung zieht, und wenn ein Lager bezogen wird, hat er seine Leute
anzuhalten und zu warten, bis die Knechte das Lager bezogen hatten. Erst dann durfte der Troß das Lager beziehen und dies
deshalb, damit keine Unordnung entsteht und die Leute des Trosses nicht alles, was zur Einrichtung des Lagers notwendig ist,
wie Holz oder Stroh, an sich raffen.

Bei besonders großen Aufgeboten konnten auch noch Rumormeister bestellt werden, deren Aufgabe in der Aufrechterhaltung der
Disziplin, besonders im Troß, bestand. Sie schritten daher besonders bei Zusammenrottungen, Plünderungen und
Desertionsversuchen ein.

Neben diesen Ämtern wurden bei größeren Feldzügen auch Kriegsräte bestellt, deren Aufgabe es war, im Kriegsrat einem General-
Obersten, der mehrere Regimenter befehligte, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Sie wurden außerdem auch bei den Musterungen
als Musterherren verwendet.

8.2. Die Ämter des Fähnleins

Die Ämter des Fähnleins wurden teils ernannt, teils von den Knechten für jeweils einen Monat gewählt, wobei diese Zeit aber
immer wieder verlängert werden könnte.

Der Hauptmann hatte schon bei der Werbung mitgewirkt, war also möglichst bald nach der Bestellung des Obersten von diesem
ernannt worden. Seine Stellung war sehr bedeutend, was sich auch durch die Gewährung eines zehnfachen Soldes ausdrückte.

„Zv einem Hauptmann vber ein Fendlein Knecht sol verordnet werden ein ehrlicher gebrauchter/erfahrner/geschickter Mann/
der/der Krieg erfahrn/vnd geubt sey/damit er jeder zeyt für sich selbs vnd die seinen sich zu halten wiß/vnd geburt jme/So jne
ein Herr zu einem Hauptmann vber ein Fendlin Knecht verordnet/das er bey den Knechten bekannt vnd verdient sey/damit er sein
anzal Knecht vnnd recht geschaffen leut zu wegen vnd auffbringen könne“.

Auf dem Muste-platz läßt er die Namen seiner Knechte in einem Register verzeichnen, von dem eine Ausfertigung dem
Pfennigmeister übergeben wird. Dann läßt er einen Ring bilden, stellt sich selbst und den Fähnrich und Feldweybel vor, die ja
vom Obersten ernannt wurden. Ebenso zeigt er seinen Stellvertreter, den Leutnant, den Schreiber, Kaplan und Feldschärer.

Landsknechthauptmann mit Sauspieß

Hierauf fordert er die Knechte auf, ihre weiteren Ämter durch Wahl zu besetzen, und hält dazu etwa folgende Ansprache: „Lieben
ehrlichen Landsknecht/jr solt jetzt euwere ämpter besetzen dieweil dann die notturfft deß Kriegßherrn/ auch deß gantzen hellen
Hauffen/vn besonder vnser aller miteinander das auffs höchst erfordert/So ist mein bitt/ das jr dieselbigen nit nach
gunst/sonder nach ehren und erheischung der notturfft/mit ehrlichen/frommen/ weydIichen und geschickten Kriegßerfahrnen
Knechten/die darzu geschickt vnd gut seind/die jr dann wol vnder euch habt/besetzen vnd versehen wölt“.

Die Knechte wählten nun ihre Vertreter, deren Aufgabe es unter anderem war, Forderungen nach oben geltend zu machen und
gegebenenfalls Entscheidungen der Regimentsführung zu beeinflussen. Es waren dies der Führer, der Fourier und die beiden
Gemeinweybel. Diese überbrachten Klagen der Knechte an die Hauptleute, führten Wachen auf, achteten auf die Zugordnung,
teilten Pulver und Blei aus und erhielten vom Proviantmeister gegebenenfalls Lebensmittel für die Rotten.

Die Aufgaben des Fouriers und des Führers sind nicht klar festgelegt.und überschneiden sich oft. Sie betrieben die
Rechtsberatung ihrer Kameraden bei Rechtsfällen, brachten aber auch gemeinsam mit den Weybeln Beschwerden und Anliegen beim
Kommandanten vor. Die Führer zogen auch vor der Ordnung her und zeigten die rechten Straßen und Wege an. Die Fouriere
erhielten von den Quartiermeistern die Lager- und Quartierszuweisung und teilten bei festen Unterkünften in einer Stadt Zettel
mit der Bezeichnung des Hauses aus. Fouriere waren damals auch im nichtmilitärischen Bereich tätig, wie z. B. bei der
Quartierzuweisung von Reichstagsbesuchern.

Der Rottmeister, ebenfalls ein gewählter Amtsträger, stand der Rotte vor, der kleinsten organisatorischen Einheit des Heeres.
Die Zahl der Mitglieder einer Rotte ist nicht festgelegt. Es war jedoch eine Kleingenossenschaft, die die Rationalisierung von
täglich anfallenden Arbeiten wie gemeinsames Kochen und gegenseitige Hilfe vornahm.

Der Feldweybel, der vom Oberst ernannt wurde, war nach dem Hauptmann und dem Fähnrich der vornehmste unter den Knechten. Er
war ein betagter, geübter Krieger, der für die taktische Ordnung und die technische Ausbildung der Mannschaft verantwortlich
war. Er half bei der Aufstellung der Schlachtordnung, wobei die vordersten und hintersten Glieder mit den am besten
ausgerüsteten Knechten besetzt wurden, besorgte die Verteilung der mit kurzen Wehren und Hakenbüchsen versehenen Krieger in
der Ordnung und bestimmte auch die Zugordnung. Er hatte schiedsrichterliche Gewalt bei Streitigkeiten, war Beisitzer im
Gericht und hatte, wenn die Gemeine zusammentrat, die Umfrage zu leiten. Sein Amt war daher ein sehr umfangreiches und
verantwortungsvolles, und es war nötig, daß dazu nur ein bei den Knechten angesehener und beliebter Mann genommen wurde.

Der Fähnrich war für den Zusammenhalt und die Disziplin seines Fähnleins von außerordentlicher Bedeutung, da der Fahne eine
große Symbolkraft innewohnte. Sie hatte als solche unterschiedliche Bedeutung. Sie war Herrschaftsbezeichnung im allgemeinen
Sinne, im Mittelalter Wahrzeichen der Gerichtsbarkeit und als Marktfahne Zeichen des Marktfriedens“ aber auch äußeres Zeichen
einer Belehnung, denken wir nur an die Übergabe der Fahnen im Jahre 1156 an Heinrich Jasomirgott bei der Erhebung Österreichs
zum Herzogtum. Aber auch im Heerwesen hatte die Fahne ein besonderes Gewicht, was in dem Wort ‚unter der Fahne dienen‘ zum
Ausdruck kommt. Aber auch als praktisches Orientierungszeichen hatte sie eine Aufgabe. die ihr in den Söldnerheeren verblieben
ist. n den Landsknechtheeren aber hatte sie eine ganz besondere Bedeutung. „Sie symbolisierte das Regiment. In ihr
konzentriert und konkretisiert sich das Gruppenbewußtsein In einem Punkt. Die Fahne wird zum Identifikationsobjekt; sie Ist
die Inkarnation aller im Regiment beschlossenen (realen und fiktiven) Tugenden“. Sie mußte eingerollt werden, wenn das
Regiment oder Fähnlein durch die Tat eines Knechtes unehrlich geworden war. Auch beim Spießgericht, durch das die Gemeinschaft
ihre verletzte Ehre wiedererlangte, spielten sie und ihre Träger, wie wir noch sehen werden, eine signifikante Rolle.

Die Fahnenromantik, die bis in die Gegenwart wirksam war, hatte hier ihren Anfang.

Daher mußten auch bei dem Träger der Fahne, dem Fähnrich, entsprechende Maßstäbe angelegt werden. Der Fähnrich war stets ein
Mann in der vollen Blüte seiner Jahre, von großer Kraft, dem mit großer Feierlichkeit das Fähnlein, das eine gewaltige,
hochflatternde Fahne war, mit folgenden Worten vom Obersten übergehen wurde: „Ihr Fähnrich, da befehl Ich Euch das Fähnlein.
Mit der Bedingung, daß Ihr werdet schwören und geloben, Euer Leib und Leben bei dem Fähnlein zu lassen. Also wenn Ihr werdet
in eine Hand geschossen, darin Ihr das Fähnlein tragt, daß Ihr es werdet in die andere nehmen. Werdet Ihr an der selben Hand
auch beschädigt, so werdet Ihr das Fähnlein ins Maul nehmen und fliegen lassen. Sofern Ihr aber vor solchem allem von den
Feinden überrungen und nimmer erhalten werdet, so sollt Ihr Euch darinnen wickeln, Euer Leib und Leben dabei und darinnen
lassen, ehe Ihr Euer Fähnlein übergebt oder mit Gewalt verliert“.

Diese Forderung zeigt die ideale Verhaltensform des Fähnrichs in Extremfällen und den Wunsch, eine moralische Instanz für die
Knechte aufzubauen, die Ihnen als Beispiel und Vorbild dienen soll. Vielleicht spielten dabei auch taktische Überlegungen eine
Rolle, nämlich die Erziehung zur Bereitschaft, dieses Symbol der Gemeinschaft unter allen Umständen bis zum Tode zu
verteidigen.

Landsknecht-Fähnrich

Beim Marsch war der Fähnrich stets vom Spiel, dem Trommler und Pfeifer, begleitet, damit er nicht nur zu sehen sondern auch zu
hören war. Im Lager steckte er das Fähnlein beim Zelt oder Quartier auf, damit sein Aufenthalt stets gekennzeichnet sei. Vor
der Schlacht, nach Bildung der Ordnung, übergab er sein Fähnlein seinem Nebenmann, ging um die Aufstellung herum, sprach den
Knechten zu und ermunterte sie, kontrollierte auch und sorgte bei etwaigen Fehlern oder Mängeln um Abhilfe. Beim Sturm hatte
er dagür zu sorgen, daß sein Fähnlein aufrecht gesehen wurde.

Wenn die Gemeinschaft der Knechte unehrenhaft geworden ist, wird das Fähnlein zusammengerollt oder -geheftet und mit der
Spitze in die Erde gesteckt. Erst nach Tilgung des Makels kann es wieder frei entrollt werden. Jedenfalls galt es als größte
Schmach und Schande für den Fähnrich, sein Fähnlein lebend zu verlieren.

Wie schon erwähnt, zählten noch Schreiber, Kaplan und Feldschärer sowie das Spiel, Trommler und Pfeifer, schließlich die
Trabanten des Hauptmannes zu den geringeren Ämtern eines Fähnleins.

 

9. Der Alltag im Lager

Nach den Weisungen der Quartiermeister wurde das Lager aufgeschlagen, wobei die einzelnen Fähnlein ihren Standplatz durch
Verlosung erhielten. Nach Möglichkeit wählte man vorteilhafte Plätze, wo sich Wasser, Feuerholz und Fourage fanden, und die
wenigstens teilweise durch einen Fluß, Morast oder durch unwegsames Gelände geschützt wurden. Die Befehlshaber wohnten in
Zelten, die Knechte in der Regel in Hütten, die sie auf einem Holzgerüst mit einem Belag von Stroh, Reisig oder Grassoden
errichteten. Zwischen den Zelten und Hütten gab es für den Verkehr Straßen und für jedes Fähnlein einen besonderen
Sammelplatz, den Lärmplatz.

Nun begann für die Landsknechte ein im ganzen sorgloses Leben, vorausgesetzt, daß sie ihren Sold erhielten. Dieser betrug
bekanntlich 4 Gulden pro Monat, der Gulden = 15 Batzen = 60 Kreuzer = 210 Pfennige. Davon hatten sie nicht nur ihre Kleidung
und Ausrüstung, sondern auch den Lebensunterhalt für sich, ihr angetrautes oder nicht angetrautes Weib, eventuelle Kinder und
den Buben, den Soldatendiener, zu bestreiten. Das war nicht leicht, wenn wir einige Preise für Lebensmittel und sonstigen
Bedarf betrachten:

1 Pfund Fleisch je nach Art und Qualität 4 bis 6 Pfennig;
1 Pfund Käse je nach Art zwischen 2 Batzen und 10 Kreuzer;
1 Pfund Speck 6 Kreuzer;
1 Pfund Butter 1 Batzen;
1 Pfund Salz 2 Kreuzer;
1 Pfund gute, weiße Seife 6 Kreuzer;
ein Paar Schuhe mit einfacher Sohle 5, mit Doppelsohle 7 Batzen;
ein wollenes Barett in Schwarz 8 Batzen“.

Pro Mann rechnete man als Portion täglich zwei Pfund Brot und ein Pfund Frischfleisch. Statt Frischfleisch konnte auch Fisch,
Butter oder Käse gegeben werden. Einem Pfund Fleisch galten als gleichwertig zwei Heringe, und eine Henne entsprach 1,5 Pfund
Fleisch.

Allerdings werden immer wieder Klagen laut, daß nicht nur im Feindesland Requirierungen und Plünderungen stattfanden, und
besonders die Soldatenbuben, die Diener, waren emsig bemüht, in den umliegenden Dörfern kostenlos für eine Aufbesserung der
Küche zu sorgen.

Die Zubereitung der Speisen besorgten, wenn dies nicht die Frauen der Knechte taten, die Lagerköche, die Sudler und
Sudlerinnen, die das Heer im Troß begleiteten. Sie hatten im Lager, ebenso wie die Marketender, einen eigenen Platz.

Daß die Disziplin im Lager nur mit größter Strenge aufrechterhalten werden konnte, schildert Fronsperger sehr drastisch über
das Vorgehen des Rumormeisters gegen die Huren und Buben im Troß:

„Wo etwan der vil in einer Herberg oder Losement bey einander ligen/bleiben sie selten eins/…/so hat er ein vergleicher/ ist
ungefährlich eins Arms lang/darmit hat er gewalt von jren Herren/…./sie zu straffen. Solche Huren vn Buben werden alsdan
sonst auch one das/darneben für wol essen vn trincken/mechtig vbel geschlagen/ehe sie solches jres Ampts recht gewonen/der
gutthaten sie wenig geniessen/welche jnen dan zu vor versproche/man muß aber dem Thuch also thun/es verleuret sonst die
farb/würden der faulen Schwengel vnd Huren gar zu viel.

Trotz der üblen Behandlung muß also der Zulauf zum Troß der Landsknechte sehr bedeutend und anziehend gewesen sein.

Für den Bereich des Regimentes bestand Marktzwang, also Verbot des Fürkaufs, und daher für die Händler und Käufer die
grundsätzliche Verpflichtung, die mitgebrachten Waren erst im Lager selbst feilzuhalten bzw. nur hier zu erwerben. Es war
Aufgabe des Profosen, die Preisfestsetzung vorzunehmen, er mußte, daher die ins Lager gebrachten Waren prüfen und begutachten.
Dies wurde schon frühzeitig in den Artikelsbriefen festgelegt. Der Profos hatte daher die heikle Aufgabe, sowohl die
Interessen der Knechte als auch die der Händler zu berücksichtigen, da von seinem Geschick leicht der Lagerfrieden abhängen
konnte. Von seinem Schätzamt flossen ihm auch Gebühren zu, etwa von jedem Faß Wein ein bestimmtes Quantum, von jedem Stück
Vieh, das geschlachtet wurde, die Zunge oder ein Standgeld von den Marketendern und Garköchen. Der Profos hatte auch für die
Einhaltung der Sperrstunde im Lager zu sorgen, denn nach dem Aufziehen der Nachtwache durfte weder Wein noch Bier mehr
ausgeschenkt werden. Er war auch der Organisator und Leiter der Lagerfeuerwehr.

Da es im Interesse des Heeres lag, eine möglichst große Zahl von Händlern an den Lagermarkt zu ziehen, wurden schon frühzeitig
für sie Geleit- und Schutzgarantien ausgestellt, wie in der Tiroler Feldordnung von 1499:

„es soll auch ein jeder mit seiner Wär sicher, auch zoll- und mauttrei in das und aus dem Felde ohn Beschwernus manniglichs zu
freiem Kauf zu fuhren befried und begleit sein“.

Dies geht auf die Idee des mittelalterlichen Marktfriedens zurück, der den Marktbesucher schützte und hier auf militärische
Bedürtnisse ausgedehnt wurde.

Lagerleben

Das Bild vom Lagerleben zeigt höchst anschaulich, wie sich die Knechte dort die dienstfreie Zeit vertrieben. Mit Spielen und
Trinken, wobei es dann zu handgreiflichen und nicht selten zu blutigen Auseinandersetzungen kam. Alle Bestimmungen in den
beschworenen Artikelsbriefen wie z.B. „Es sol auch keiner dem anderen auff dem Spiel nichts auffschlagen/noch weiter denn er
bar gelt hat mit dem andern spielen/ … Es sol sich auch ein jeder deß zutrinckens/vnd ander mehr sündtlicher laster massen“
nutzten nichts. Der entwurzelte Kriegsknecht, dessen Heimat Regiment und Fähnlein waren, suchte im Lager vom Leben, das morgen
schon zu Ende sein konnte, seinen Anteil noch zu erhaschen.

Ihre Obersten gingen ihnen mit entsprechendem Beispiel voran. So erwähnt Schertlin von Burtenbach in seiner
Lebensbeschreibung:

„gewann mit spielen in demselben ersten jar zu Augspurg 4000 fl …… Es hat mir mein son in muterleib mit wetten gewonnen
drey seidene wammes von Fuger, Welser vnd andern, sie haben gwett, es werde eine Tochter“.

So war es kein Wunder, wenn nach einem Spruch ein Landsknecht drei Kriegszüge tun müsse, um zu Vermögen zu kommen. Vom ersten
Zug muß er mit zerrissenen Kleidern nach Hause kommen. Vom zweiten mit einer Narbe auf der Backe, dem Landsknechtszeichen. Vom
dritten aber auf einem hübschen Gaul und einen Beutel voll Geld mitbringen.

Da die Knechte im Lager viel freie Zeit hatten und gerade im Anfang des 16. Jahrhunderts sich das Leben gern im Volkslied
widerspiegelte, entstanden auch viele Landsknechtlieder, von denen eines Maximillans Landsknechtorden und das andere die
Belagerung von Pavia behandelt. Diese Volkslieder sind auch stets als politische Lieder und Propagandalieder zu verstehen. die
aus gegebenem Anlaß entstanden und durch die Knechte weit verbreitet wurden.

Die phantastisch-bizarre Kleidung der Landsknechte wurde von den zeitgenössischen Künstlern häufig dargestellt. Denken wir nur
an die Bilder von Jost Amman, Daniel Hopfner, Lucas von Leyden, Friedrich Brun oder an die Künstler aus Dürers Schule, Beham,
Bink und Altorfer.

Da jeder einzelne Knecht in Stoff, Form und Farbe unbeschränkte Wahl für seine Kleidung hatte, entwickelte sich ein ungeheurer
Farben- und Formenreichtum. Zuerst trugen die Knechte, wie die anderen Zeitgenossen, enge Ärmel und fest anliegende
Beinkleider. Um jedoch beim Kampf und beim Ersteigen der Mauern größere Bewegungsfreiheit zu haben, wurden Autschlitzungen an
Knie, Schultern und Ellenbogen vorgenommen, wobei man auch häufig die durch das lange Tragen der Kleidung entstandenen
naturlichen Risse erweiterte und ausstaffierte. Später wurden Aufschlitzungen auch dort angebracht, wo sie gar nicht notwendig
waren, und sie erhielten die verschiedensten Formen, wie Vierecke, Sterne, Blätter und Blumen. Die Mode ging dann so weit, die
Schlitze bei jedem Ärmel und jedem Bein mit einer anderen Farbe zu unterlegen, wozu möglichst schreiende Farben gewählt
wurden. Gegen die Putzsucht der weltlichen Stände und der Frauen eiferten Beschlüsse der Reichstage und Reichsstände. Den
Landsknechten wurde jedoch am Reichstag zu Augsburg 1530 gestattet, sich nach Belieben zu kleiden.

Maximilian I. entschuldigte die bunte, im bewußten Gegensatz zu der bürgerlichen Kleidung stehende Landsknechtstracht damit,
daß man den Leuten, die täglich dem Tod ins Auge sehen, das bißchen Freude lassen müsse.

Schließlich entstanden durch die immer größer werdenden Schlitze und Unterlagen die Pluderhosen, die schon Frauenröcken
glichen.

Als Kopfbedeckung dienten Barette, die um 1510 mit einer derartigen Fülle von Federbüschen besetzt waren, daß der Kopf wie mit
einem Heiligenschein umrahmt war. So leicht und duftig dieser, Federschmuck auch auf den Bildern dargestellt wurde, sah er in
Wirklichkeit ja nicht aus, denn Straußenfedern konnten sich nur die höchsten Offiziere leisten, der Federschmuck des gemeinen
Knechtes bestand aus federartig zusammengesetzten Wollfäden.

Die Schuhe, die ursprünglich breit und bequem waren und ‚Bärenhäuter’ oder ‚Kuhmäuler’ genannt wurden, paßten sich dann der
herrschenden Zeitmode an und wurden spitz und verziert.

Landsknecht

Die Auswüchse der Landsknechtskleidung gingen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts parallel mit dem Niedergang des
Landsknechtswesens selbst.

 

10. Das Gerichtswesen

Die Sonderstellung der Landsknechte wird besonders in ihrem Gerichtswesen augenfällig. Die verschiedenen Verfahren stellen
Sondergerichte dar, die den Knecht, im schroffen Gegensatz zu den Schweizern, der allgemeinen Gerichtshoheit entzogen. Der
unverrückbare Bestandteil dieser Gerichtsverfahren ist das ausdrückliche Beharren auf dem alten, überlieferten Brauch, die
„Ablehnung gelehrter Richter für das Feldgericht, das Bestehen auf rechtlicher Selbstversorgung“. Es wurde ausdrücklich,
bisweilen abschätzig, festgestellt, daß der Richter für das Feldgericht nicht rechtsgelehrt sein durfte.

Wir müssen dabei in Rechnung stellen, daß gerade In dieser Zeit die Rezeption des römischen Rechtes im Reich immer größeren
Umfang annahm und sich dagegen wegen der Überlagerung und Überfremdung des guten, alten Rechtes durch römische und kanonische
Anschauungen eine im Volk verwurzelte Opposition bildete. Denken wir nur bei dieser konservativen Bewegung an die Schriften
Huttens gegen die Rechtsgelehrten.

Auf die dominierende Stellung des Obersten in der Rechtssprechung seines Regimentes ist schon hingewiesen worden. Die
Landsknechtführer beharrten unbedingt auf der Beibehaltung dieses Rechtes, da ihre eigene Stellung dadurch naturgemäß gestärkt
wurde. Aber auch die Knechte selbst legten Wert auf eigene Gerichtsbarkeit, da dadurch nicht nur ihre Eigenständigkeit vor der
Öffentlichkeit unterstrichen, sondern auch die schon damals bekannte Verschleppung von Prozessen beim erst neugeschaffenen
Reichskammergericht vermieden wurde.

Die Landsknechtsgerichte sind – wohl einmalig in der Rechtsgeschichte – Gerichte ohne die Möglichkeit eines Rechtsmittels an
eine weitere Instanz. Aber auch dies muß im Hinblick auf die unsteten, wandernden Soldatenrepubliken verstanden werden, deren
Disziplin eine rasche und drastische Urteilsfindung und Vollstreckung forderte. Allerdings zeigen die Handbücher und
Feldordnungen ein entschiedenes Beharren auf den überlieferten Normen und einen ausgeprägten Formalismus, auf den größter Wert
gelegt wurde. Bei einem Formfehler war das ganze Rechtsverfahren ungültig.

Wir werden diesen Formalismus bei der Behandlung der beiden Rechtsverfahren im Landsknechtregiment, dem Schultheißengericht
und dem Spießgericht, deutlich sehen.

10.1. Das Schultheißengericht

Das Schultheißengericht, dem der vom Obersten ernannte Schultheiß vorstand, dessen Amtszeichen der Gerichtsstab war, war das
übliche Gericht. Es wird zum ersten Mal in einer Tiroler Feldordnung des Jahres 1499 ausdrücklich erwähnt, wo es im Artikel 20
heißt: „Item, es sollen auch Schulthesen und gemein Rechtsprecher, so über die und all ander schädlich und merklich Sachen
verordnet, ferrer Erläuterung, wo Irrung dermalen wurde, zu erkennen Gewalt haben“.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts hat sich dieses Gericht rasch und allgemein durchgesetzt. Während zuerst die Zahl der Beisitzer
schwankt, wurde es dann zunehmend Brauch, daß der Schultheiß aus den einzelnen Fähnlein 12 bewährte Knechte als Schöffen
auswählte. Der Idealfall war aus jedem Fähnlein ein Knecht, wobei zu bemerken ist, daß das Regiment später in der Regel aus 12
Fähnlein bestand. Dazu kam noch eine Anzahl von Gerichtsoffizieren, nämlich Hauptleute, Fähnriche, Wachtmeister oder
Feldweybel, die jedoch an der Urteilsfindung selbst nicht teilnahmen. Es war jedoch unbedingt notwendig, daß das
Urteilergremium mit 24 Personen besetzt war.

Zur Gerichtsbank gehörte auch der Führer, der als Vertreter der Knechte zu diesem Amt berufen wurde. Dazu kommt noch in jedem
Fall der Schultheiß, der das Gericht einberief und, wenn er es wünschte, der Feldherr, der Regimentskommandeur oder sein
Stellvertreter.

Bei Fronsperger ist das Gerichtsverfahren gegen Heinz Lenz von Bentz geschildert, der im betrunkenen Zustand auf der Wache
einen Kameraden zum Balgen (Zweikampf) aufforderte und dann den gebotenen Frieden trotz Versprechen nicht gehalten hat. Mit
der blanken Waffe hat er seinen wehrlosen Gegner verwundet. Nach dem Artikelsbrief wurden Betrunkene bestraft, als ob sie die
Tat in nüchternen Zustand begangen hätten, und die Todesstrafe drohte demjenigen, der sich bei aufgeführter Wache balgte oder,
nachdem er Frieden gelobt hatte, einen anderen wiederum angriff.

Der Profos erhob nun beim Schultheiß die Anklage, verlangte die Einberufung des Gerichtes und aufgrund des Artikelsbriefes die
Todesstrafe für Heinz Lenz.

Das Verfahren vor dem Landsknechtsgericht war öffentlich, und jeder Regimentsangehörige konnte ihm beiwohnen. Auf einem freien
Platz des Lagers wurden Schranken errichtet, in denen der Stuhl des Schultheißen, der Tisch des Gerichtsschreibers und die
Bänke für die Beisitzer aufgestellt wurden. Um die Schranken fanden die Landsknechte Platz, sie bildeten den „Umstand“ wieder
in einem Ring, der Versammlungsform, die immer wieder bei Handlungen von besonderer Bedeutung bei den Landsknechten zu
beobachten ist.

Das Schultheißengericht

Nachdem der Gerichtsweybel die Richter aufgefordert hatte, Platz zu nehmen, ergriff der Schultheiß das Wort, begrüßte die
Amts- und Gerichtsleute, erinnerte sie an ihre Pflicht, nur nach ihrem Gewissen zu urteilen, ließ den Artikelsbrief und die
Gerichtsordnung verlesen und sprach hierauf den Eid vor, den alle beim Gericht Beteiligten stehend nachsprechen. Nach einer
neuerlichen Ansprache richtete der Schultheiß sieben Hegungsfragen an die Beisitzer um feststellen zu lassen, daß das ganze
Verfahren nach altem Gebrauch und Herkommen vor sich gehe. Die erste Frage lautete:

„ich frag euch bey dem Eyd/den jr der Römischen Keyserlichen Maiestat vnserm aller gnedigste Herrn gelobt vn geschworen
habt/vmb ein bericht/vn außweisung/ob ich auch bey oder zu rechter bequemlicher tagzeyt zu Gericht gesessen/vn; ob der tag an
jm selbs nicht zu frü oder spat/noch zu heilig oder schlecht sey/Das ich mög auffheben den Stab der gerechtigkeit/vnd mög
richten vn vrtheilen vber, Leib/ehr vnd gut/fleisch vnd blut/gelt vnd gelts wehrt/Auch vber alles das so auff diesen heutigen
tag durch den geschworne Gerichtsweybel fürgebracht wirt/vnd denen so nach Keyserlichem Rechten ordentlich ist für gebotten
worden“.

Nachdem diese Frage von einem Beisitzer beantwortet wurde, fragt er zum zweiten, ob das Gericht ordentlich besetzt sei, wie,
es in Kriegsrechten gebräuchlich ist, zum dritten, wie er sich verhalten solle, wenn während der laufenden Verhandlung das
heilige Sakrament vorübergetragen würde, ob er aufstehen dürfe, zum vierten, ob er Macht hätte, wenn sich ein Lärmen, Feind-
oder Feldgeschrei erhebe, mit den Richtern aufzustehen und diesen Lärm zu stillen, zum fünften, wie er sich verhalten solle,
wenn er plötzlich krank werde oder der Oberst nach ihm schicke, ob er seinen Stab bis zur Rückkehr einem anderen Mann von den
Beisitzern übergeben dürfe, und zum sechsten und siebenten, ob er, wenn plötzlich die Witterung es erfordere oder ein anderer
Vorfall den Gerichtsschreiber am Schreiben hindern könnte, samt den Richtern aufstehen und unter ein schützendes Dach gehen
könne, und ob er schließlich die Macht habe, das Recht zu verbannen.

Nachdem alle diese Fragen von je einem der Beisitzer beantwortet wurden, verbannte nun der Schultheiß das Recht im Namen
Gottes, des Kaisers, des Obersten und aus eigener Gewalt, „daß ihm keiner während der Gerichtsverhandlung einreden, auch
keiner einem Richter heimlich zusprechen oder die Richter ungebührlich umstehen dürfe, auch daß dem Profosen eine Gasse
gelassen werde, damit er mit dem Gefangenen frei und ungehindert zu und von dem Gericht passieren könne“.

Nach den Hegungsfragen und der Bannung sind die für die ordentliche Gerichtssitzung notwendigen Vorbedingungen formell
erfüllt, und der erhöhte Gerichtsfrieden ist hergestellt.

Hierauf trat der Profos in den Ring, der jedoch nicht selbst das Wort ergreifen durfte, sondern sich, genau so wie der
Beschuldigte, einen Fürsprech (Anwalt) erwählen mußte. Der Fürsprech des Profosen schildert nunmehr die Tat des Heinz Lenz,
legt dar, daß er sich dadurch gegen das Regiment und den Artikelsbrief gröblich vergangen hat und daher an Leib und Leben
gestraft werden soll.

Der Gerichtsschreiber verliest nunmehr die entsprechenden Bestimmungen des Artikelsbriefes, worauf der Fürsprech des Protosen
verlangt, daß Heinz noch am heutigen Tag bestraft werden möge.

Der Fürsprech des Angeklagten erklärt darauf, daß Heinz auf diese Klage nicht gefaßt gewesen sei, daß sie auch von der
Wahrheit abweiche, und verlangt Aufschub der Verhandlung, um durch Zeugen seine Unschuld beweisen zu können.

Der Schultheiß fragt nun alle Gerichtspersonen, ob der Beklagte mit Recht Aufschub verlangen könne. Dies wird von allen bejaht
und daher ein zweiter Gerichtstag angesetzt, an welchem Heinz durch Zeugen (Kundschafter) seine Unschuld beweisen könne.

Beim zweiten Gerichtstag wiederholt sich der ganze Vorgang, und wiederum hat der Angeklagte das Recht, Aufschub des Urteils zu
verlangen.

Wenn wieder alle vorgeschriebenen Fragen gestellt sind, und Rede und Widerrede angehört wurden, fordert der Schultheiß den
Umstand auf, sich zu entfernen. Die Richter rücken jetzt näher zum Schultheiß und beraten sich wegen des Urteils. Dann setzen
sie sich wieder auf ihre früheren Plätze, und der Gerichtsschreiber verliest das ihm diktierte Urteil:

„Auff die gehörte Klag deß Profosen/auch auff deß gegetheils verantwortung/Red vnd wider Red/auch verhörte Kündtschafft ist
durch den Schultheiß vnd die Richter mit einhelliger Vmbfrag zu recht erkent/daß der Profoß den genannten Haintz Lentzen sol
in sein gewahrsam führen/vnd so ers begert/jme ein Priester zuordnen/das er seine Sünd bekenne/vnnd durch jn zu ewiger
seligkeit gewisen vnd getröst werde. Darnach sol jn der Profoß dem Nachrichter vberantworten/der sol jn führen auff den freyen
platz/da am meisten Volcks bey einander ist/vnd jm sein Leib mit dem Schwerdt entzwey schlagen/das der Leib das grösser vnid
der Kopff das kleiner theil sey/wann das beschehen/so ist der Vrtheil vnd dem Keyserlichen Rechten ein genügen geschehen“.

Hierauf bricht der, Schultheiß seinen Stab entzwei und spricht: „Genad Gott der Armen Seel/vnd geb jm nach disem leben ein
fröliche Aufferstehung/Amen“.

Sodann wird der Verurteilte dem Henker zur Hinrichtung übergeben. Zum Abschluß hält der Schultheiß noch eine Ansprache an die
Knechte, in der er auf die bösen Folgen der Trunkenheit hinweist und darlegt, daß bei Übertretungen der Bestimmungen der
Artikelsbriefe keine Gnade gewährt werden kann.

Hinrichtung

10.2. Das Spießrecht oder das Recht der langen Spieße

Dieses Recht Ist die spektakulärste Form der Rechtsausübung in den Landsknechtsheeren des 16. Jahrhunderts. Denn die ganze
Gemeine war zugleich Richter und Urteilsvollstrecker, es war ein Volksgericht in des Wortes engster Bedeutung,

Dieses Recht mußte bei der Bildung des Regimentes ausdrücklich vom Fürsten bzw. Obersten verliehen werden, es war also ein
besonderes Privileg des Haufens.

Es wurde nur angewendet, wenn durch die Tat nicht nur der Täter, sondern die gesamte Gemeinschaft ehrlos geworden war, also
ein Angriff auf die Intaktheit des Regimentes vorlag.

Das Verfahren lief durch die Anzeige des Profosen beim Regimentskommandeur an, der ausdrücklich seine Einwillligung zur
Einleitung geben mußte.

Wenn diese gegeben war, ließ der Profos die Gemeine durch die Ausrufer, die Trommler und Pfeifer, unter Angabe des Grundes an
einem „nüchtern morgen“ zusammenrufen und den Angeklagten in den gebildeten Ring der Knechte fuhren. Er begrüßt die
Landsknechte und beantragt eine Abstimmung, ob das Verfahren überhaupt als Spießgericht zu fuhren sei „Darauff ich lieben
Landsknecht auff heutige tag ein mehr beger/mir hel.ffen solch vbel zu straffen/das wir es auch verantworten können bey andern
Fürsten und Herren“. Der Feldweybel läßt darüber im Ring abstimmen, wobei diese Abstimmung die Hegung und Bannung dieses
Gerichtes bedeutet.

Wie bei dem Schultheißengericht werden für beide Seiten Fürsprecher bestellt. Der Profos bespricht nun abseits mit seinem
Fürsprecher die Formulierung der Anklage, worauf dieser in den Ring zurücktritt und fragt, ob die Knechte die Anklagte des
Profosen hören wollen.

Das bedeutet, daß der Gerichtsvorsitzende und die für den richtigen Ablauf des Verfahrens zuständige Instanz weder der
Schultheiß noch eine andere Einzelperson ist, sondern die Genossenschaft aller Knechte. Der Fürsprecher des Profosen schildert
nun die Tat und fordert Bestrafung, die, da es in diesem Gericht nur Freispruch oder Tod gab, nur auf Todesstrafe lauten
konnte.

Die Antwort des Angeklagten, ebenfalls gegeben durch seinen Fürsprecher, war selbstverständlich eine Zurückweisung der
Anschuldigung.

Bei diesem Gericht gab es, zum Unterschied vom Schultheißengericht, keine Vertagung, das Urteil mußte noch am gleichen Tag
ergehen und vollstreckt werden.

In der zweiten Runde traten die beiden Fürsprecher wieder gegeneinander auf und ließen z.B. Zeugenaussagen verlesen.

In der dritten Runde beharrt der Fürsprecher des Profosen auf seiner Anklage und dem Strafantrag, der Beklagte läßt zum
dritten Mal Antwort geben und „bitt den gemeinen Mann vmb ein gnedig Vrtheil“.

Nun rollen die Fähnriche ihre Fähnlein zusammen und stecken die Fahnenstangen mit der eisernen Spitze in das Erdreich, und
einer spricht zu den Knechten, daß sie die Fahnen erst dann wieder fliegen lassen werden, wenn über die Anklage ein Urteil
gefällt und das Regiment wieder ehrlich geworden tat. Sie sollen daher ein gerechtes und unparteiisches Urteil fällen.

Nach dieser Rede ruft der FeIdweybel einen Mann aus dem Umstand in den Ring und fragt ihn bei seinem Eid um ein Urteil. Dieser
erklärt sich jedoch dazu außerstande und erbittet einen Beraterstab von 40 Mann. Diese 41 Mann traten aus dem Ring,
verhandelten, stimmten über eine Urteilsempfehlung ab und verkündeten diese im Ring. Dieser Vorgang der Bildung eines 41 Mann
starken Rates wiederholte sich noch zweimal, sodaß schließlich 3 Gremien von je 41 Personen im Spießgericht der versammelten
Gemeine ihre Urteilsempfehlung abgaben.

Nach eingehender Belehrung des Umstandes wurde mit drei Trommeln umgeschlagen, um die Spannung der Situation zu erhöhen und zu
unterstreichen. Hierauf wurde durch Abstimmung das Urteil gefällt.

„wenn das Vrtheil gangen Ist/so seind die Fenderich da/ vnd bedancken sich fast gegen dem gemeinen Man/das sie so willig seyn
gewesen vn so ehrlich/vnd ehrnhafftig/gut Regiment zustercken vnd zu halten/vnd werffen jre Fändlin in die höhe/vnd lassens
fliegen/vnd ziehen mit gegen auffgang der Sonnen/vnd machen ein Gassen/vnd dieweil läßt der Profoß den armen Mann beichten/biß
die Gassen gemacht werden“.

Gassenlauf

 

Diese von den Fähnrichen gebildete Gasse ist die Hinrichtungsstätte für den Verurteilten. Sobald diese fest geschlossen ist,
führt der Profos den Gefangenen dreimal in ihr auf und ab, damit die Kameraden von ihm Abschied nehmen können. Der Verurteilte
bittet alle um Verzeihung, er selbst wolle auch allen vergeben und verzeihen.

Die Fähnriche stehen so, daß sie den Rücken zur Sonne kehren und mit der Fahnenspitze gegen den Verurteilten zeigen.

Auch der Profos nimmt Abschied von ihm Und bittet ihn um Verzeihung, denn was er getan habe, habe er wegen der Ehre des
Regimentes tun müssen.

„Darnach stellt der Protoß den armen man für sich/vnd gibt jm drey streich auff die rechte Achsel/im Namen des
Vatters/Sons/vnd des heiligen Geists/vnd stellt jn gegen den Spiessen/vnd läßt jn lauffen“.

Nachdem der Delinquent von seinen Genossen beim Gassenlaut zu Tode gespießt war, trat das Regiment in Marschordnung an und zog
dreimal um den liegenden Leichnam herum. Dreimal wurde auch Salut geschossen, und dann kamen die Fähnlein wieder zur
Schlußansprache des Profosen im Ring zusammen. Er bedankte sich, daß sie so redlich geholfen hätten, die Ehre des Regimentes
wieder herzustellen, und betont nochmals, daß er das, was er getan habe, zur Ehre des Regimentes hätte tun müssen.

Das Spießgericht war damit zu Ende.

 

11. Zusammenfassung

Die neue Truppe der Landsknechte beruhte auf dem vom spätmittelalterlichen Schweizer Heer übernommenen geschlossenen Einsatz
und war dem Kriegsherrn nicht durch die Treue eines Lehensmannes oder Untertanen verbunden. Ihr Status war bestimmt durch
einen freiwillig beschworenen Vertrag, den Artikelsbrief, der für beide Partner Pflichten und Rechte festlegte. Besonders die
Landsknechtführer werden als militärische Unternehmer bezeichnet, die auf dem freien Markt Ihre Dienste anboten.

Doch damit allein können ihre militärischen Erfolge nicht erklärt werden. Die Kommandeure und die Knechte fühlten sich als
etwas Besonderes, als Elite, wobei gerade die charismatische Ausstrahlung einiger Führer besondere Bedeutung hatte. Auch Fahne
und Fähnrich werden zu moralischen Instanzen und Symbolen eines geschlossenen Kriegerstandes. Denn das Regiment ist eine
geschlossene Einheit, die nach Recht und Verfassung weitgehend autonom ist und fest umgrenzte Ehrbegriffe hat, deren
Übertretung auch von der Gemeinschaft geahndet wird.

Der umfassende Heerfrieden bot Schutz für alle Regimentsangehörigen, und in seinem Regiment und seinem Fähnlein fand der
Knecht für sich und seine mitziehende Familie eine bescheidene Versorgung. In dieser Gemeinschaft hatte er aber auch die
Möglichkeit, zu Ämtern gewählt und bestellt zu werden mit einem Einfluß, der im zivilen Leben unmöglich gewesen wäre.

Die Rechts- und Verwaltungsformen dieser militärischen Gemeinschaft griffen in die Vergangenheit zurück und weisen modern in
die Zukunft.

Fronsperger, der Praktiker, faßt in seinem umfassenden Werk die bestehende Literatur über Organisation, Verwaltung und Aufgabe
der einzelnen Ämter zusammen. In ihm spiegelt sich eine ganze Epoche wider, die im Gegensatz zu den vergangenen Jahrhunderten
einen neuen Krieger, eine Kriegerkaste, geschaffen hatte, die sich ihres Wertes wohl bewußt war.

Doch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erlebte das Landsknechtwesen bereits seinen Niedergang. Durch die Bestimmungen
des Reichstages von Speyer 1570 wurde endgültig mit dem genossenschaftlich geformten Landsknechtstum gebrochen. Die Ämter
wurden allein durch die Obrigkeit besetzt, und ohne deren Wissen durften die Landsknechte keine Gemein mehr halten. Auch vom
Recht der langen Spieße ist nicht mehr die Rede.

Im 17. Jahrhundert und in den Heeren des Dreißigjährigen Krieges verschwindet dann auch der Name selbst.

 

12. Beilagen

12.1 Artikelsbrief von Kaiser Maximilian I.

J.C. Lünig, Corpus juris militaris.

Leipzip 1723 S.3.

Kaysers Maximiliani I. Articuls-Brieff, d’e Anno 1508.

Es sollen die soldaten sammt und sonders aus der Soldaten-Rolle zu allererst abgelesen, hernachmals ein jedweder dererselben
würklich vereydet werden, wann zuvorher, nach üblichem Kriegs-Gebrauch, Musterung geschehen.

Fürnehmlich (und zum ersten) sollen sie schweeren, dass sie allen Schaden und Nachteil der Käyserlichen Majestät verhüten und
abhalten, da hingegen allen Vorteil und Nutzen deroselben befördern wollen.

Zum anderen sollen sie schweeren, dass si an statt und im Namen Dero Käyserlichen Majestät den namhafften Fürsten, etc. als
fürnehmsten Commissario und herrführer zu Gebote und Dienste leben, ihme in allen Dingen Gehorsam leisten und in keinerley
wege gegen ihm sich weiger- und widersetzlich erzeigen wollen, es sey entweder, da man in Schlacht-Ordnung an den Feind gehen,
und mit demselben treffen, wie auch Mauren anlauffen oder bestürmen, oder da man die Wacht verrichten, oder sonst im Lager
also, wie sichs gebühret, bleiben solle: nemlich, dass in allen Dingen sie ihren Gehorsam erweisen wollen, als wie es
geziemend und billig ist, das redliche und rechtschaffene Soldaten erweisen sollen.

Zum dritten sollen sie schweeren, dass sie keinen Zug wider und entgegen den Feind ausschlagen und verweigern wollen, oder
dass sie auch nicht wollen ihren Abschied nehmen ohne Geheiss und Befehl des namhafften Fürsten, etc. oder dessen
Statthalters, oder Abgesandtens.

Zum vierdten sollen sie schweeren, dass sie denen geringern Kriegs-Beamten oder Hauptleuten, Fähnrichen und Führern gehorsam
seyn wollen, in wahzunehmenden und abzuwartenden Wachten, in Zügen, in Lägern, in Ordnungen, in Schlacht-Ordnungen, keines
ausgenommen, was ichtwan zum Kriegs-Wesen und zu dessen Ehrenrühmlicher Einrichtung gehören möchte, ob gleich auch ein
Hauptmann, ein Fähnrich, ein des Fähnrichs in der Schlacht vorgänger, oder ein Führer, oder sonst ein anderern, im geringeren
oder grösseren Ampt im Soldaten-Stand befindlicher, welcher eben nicht Dienste unter ihrem Fähnlein hat, ichtwas heissen oder
gebieten würde, sollen sie demselben gehorsamen, gerade also, als ob er ihr selbst eigener Hauptmann, Fähnrich und Führer sey.

Zum fünfften sollen sie schweeren, dass sie von ihrem Fähnlein nicht abweichen wollen, es sey gleich in einer Zug-Reise, oder
in einem rechten Feld-Zuge, ohne Verstattung des Obersten Kriegs-Hauptmannes, und so wol auch ohne unverbrüchlichen Urlaub des
unteren Kriegs-Beampteten. Es sol ingleichen niemand einen anderes in seine Stelle unterstellen, die aus treffender Ordnung
ihme zugehörige Wachten zu verrichten, er diene auch gleich mit leichter, oder mit schwerer Rüstung, vielmehr sol ein jedweder
an seinem Orte, und nach der ihm treffenden Ordnung, seine Wachten selbst in Obacht nehmen, und versehen, es sey dann, dass
durch Kranckheit er sehr abgehalten und gehindert werde.

Zum sechsten sollen sie schweeren, dass ja keiner innerhalb des Lagers mit Feuer-Röhren oder Musqueten Feuer geben, und
scharff mit Kugeln aus Büchsen schiessen solle noch wolle, sondern nur alleine ausserhalb des lagers: und dass keiner singen,
ruffen oder schreyen wolle innerhalb des Lagers. Und da ja jemand hören oder sehen würde, dass dergleichen von andern
geschehe, sol er ihn mit glimpflichen Worten berichten und zur Besserung anweisen: Würde aber derselbe darauf kein Gehör
geben, soll er dem Herrn des Krieges und Kriegs-Heeres, vermittelst seines geleisteten Eydes, solches andeuten und vermelden.

Zum siebenden sollen sie schweeren, im Fall, da der namhaffte Füst etc. und der Heerführer irgendwo einen Ort bestimmen würde,
dass sie flugs auf Lermenmachung zum Fähnlein zusammen kommen wollen: würde aber jemand, wer der auch wäre, in seiner Hütte,
oder Behausung nach wie vor bleiben, es wäre dann, dass er kranck oder verwundet wäre, dem sollen die Soldaten abnehmen alles,
was er hat, und ihn dem Herrn des Kriegs-Herres überliefern.

Zum achten sollen sie schweeren, im Fall, da der namhaffte Fürst etc. Bürgerey-Gemeinden, Städte, Schlösser, Land-Gebiete oder
Dörffer, nemlich als vermittelst Branddrohungen, oder auf andere ihme bedünkliche Art bezwungene, unter seie Verschonung würde
annehmen wollen, dass sie ihn darinn nicht stören, noch verhindern wollen, bey ihrem geleisteten Eyde und peinlicher
Leibsstraffe.

Zum neundten sollen sie schweeren, im Fall, da der namhaffte Fürst etc. Bürgerey-Gemeinden, Städte, Schlösser, Land-Gebiete
oder Dörffer überwinden, und auf was Art und Weise ihm solches beliebig seyn möchte, in die Rappuse geben würde, entweder als,
dass er solche dem allgemeinen Raube, oder insonders nur einer und der andern Rotte zum raube, nach seinem dissfalls
befindlichen Gutachten, bestimmen und unterwerffen möchte, dass sie gehorsame Folge bey so gestalteten Dingen demselben
leisten wollen, um grösseres Unheil und Schaden also zu vermeiden. Würde auch jemand entweder etwas Grosses oder Kleines
wegnehmen, oder weg und davon führen, ohne des Fürsten Verstattung und gutwilliges Erlaubniss, so sol man demselben abnehmen
alles, was er hat, und sol er dazu mit Leibesstraffe belegt werden.

Zum zehenden sollen sie schweeren, dass sie keine rottereyen und besondere Zusammenkünffte machen und halten wollen, oder die
Trommelschläger nöthigen, oder zwingen, das Spiel hierinn klingen zu lassen, oder Lermen zu schlagen, ohne Vergünstigung des
Fürsten, oder dessen Statthalters oder Anwaldens.

Zum eilfften sollen sie schweeren, den Kauffs- und Verkauffsmarckt frey und unversperret zu halten, und alle, welche Proviant
und Lebensmittel herbey führen, zu schützen, und zu beschirmen, noch weniger vor dem Läger ausser dem daselbst im Läger
öffentlichen Marckte etwas zu verkauffen, bey des geleisteten Eydes und peinlicher Leibesstraffe.

Auf gleiche Weise sollen sie auch schweeren, die Kirchen, Klöster, und heilige Gebäude in dem Stande, wie sie sind, zu
beschützen, und nicht zu versehren, noch zu verunehren, es wäre denn, dass die Feinde sich daaus rüsteten und wehreten.

Sie sollen auch schweeren, die Kindbetterinnen, Wittiben und unerzogene kleine Kinder, die Priester, und andere ehrbare
Jungfrauen, junge mägdlein und Haussmütter sicher und unbeleydiget zu lassen, bey Straffe des Meyneids und des Lebens.

Ingleichen sollen sie schweeren, daferne jemand hören würde, einen auf GOTT Schmach-Reden führen, oder GOTT und dessen
wertheste Mutter, die Jungfrau Mariam, lässtern, dass sie wollen selbigen bey dem Fürsten des Krieges oder bey dem Kriegs-
Beampten angeben, damit er nach Verdienste mit würdiger Straffe bestrafft würde.

Gleicher massen sollen sie schweeren, dass sie nicht übermässiger Weise mehr, weder ein jeder ertragen und leiden mag, dem
Gesöffe nachhängen wollen, alldieweil durch unmässige Säuffereyen, Rausch und Trunkenheit die meisten Menschen in Verachtung,
Scande und Nachlässigkeit fallen und gerathen.

Sie sollen auch schweeren, dass niemand unter ihnen etwas aus von alters habender Missgunst, Hass und heimlichen Groll,
allweil sie unter dem Fürsten in Kreigsdiensten sind, in was Gelegenheit dergleichen geschehen oder sich begeben könte, wider
jemand Ahndung pflegen oder sich rächen wollen, vielmehr aber sol alles dergleichen die gantze Zeit über schlaffen oder todt
seyn. Würde sich aber ein Streit und Beleidigungs-Sache unter Regiments-Führung des Fürsten zutragen, sol der Fürst nach
Billigkeit solche Streit-Sache schlichten und aufheben.

Sie sollen auch schweeren, im Fall da sie sehen würden Rotten und Partheyen sich unter und wieder einander erheben, dass sie
alsdann Friede darzwischen machen und gebieten wollen: die aber solchen Friede nicht halben wollen, die sol man ohne einigen
Mittelsmann ums Leben bringen.

Imgleichen sollen sie schweeren, gleichwie sie nun zur Zeit bey diesem Fürsten des Krieges ihre Hauptleute, Beampten,
Fähnriche, und Führer in würklicher Bestallung sehen und haben, dass sie diese nicht verändern wollen, sondern es soll,
selbige zu verordnen und abzusetzen, der Fürst des Krieges die Macht haben.

Weiter sollen sie schweeren, dass sie je und allezeit Raum geben wollen denen Reutern zugleich mit ihrem Waffen und Pferden,
und dass sie denenselbigen in keinerley Weise und Wege, wo auch nur immerher, ja auch gar bey den Feinden, Proviant und
Lebensmittel zu erlangen möchten sein, verhinderlich bezeigen wollen.

Sie sollen auch schweeren, dass sie dem Fürsten des Krieges und Kriegs-Herrn, denen Obersten, und denen Hauptleuten das was
ihnen von Rechts wegen zukommt, lassen und darlieffern wollen.

Imgleichen sollen sie schweeren, dass sie auch noch andere mehr Artickel, so allhie besonders nicht fürgeschrieben und für
rechtschaffene Soldaten gehörig sind, in unverbrüchlicher Obacht halten wollen, also, dass keiner vol solchen Artickeln
ichtwan hier ausgenommen seyn soll.

Im Fall, da auch jemand Anlauff und Bestürmung der Mauren, oder auch in der Schlacht und mit denen Feinden zu haltenden
Treffen zurückweichen, oder sich auf die flucht wenden oder begeben würde wollen, einen solchen soll ein jedweder, der
zunächst an und neben ihm stehet, nach Krafft des geleisteten Eydes, durchstrossen und ums Leben bringen.

 

12.2 Maximilians Landsknechtorden

Got gnad dem großmechtigen keiser frumme,
Maximilian! bei dem ist auf kumme
ein orden durchzeucht alle land
mit pfeifen und mit trummen,
landsknecht sind sie genant.

Fasten und beten laßen sie wol bleiben
und meinen pfaffen und münich sollens treiben,
die haben davon iren stift,
des mancher landsknecht frumme
im gartsegel umb schifft.

In wammens und halbhosen muß er springe,
schne, regen, wind alles achten geringe
und hart ligem für gute speis,
mancher wolt gern schwitzen
wenn im möchte werden heiß.

Also muß er sich in dem land umb keren
biß er hört von krieg und feindschaft der herren.
darnach ist im kein land zu weit,
darein lauft er mit eren
biß er auch findt bescheid.

Erstlich muß er ein weib und flaschen haben
darbei ein hund und einen knaben;
das weib und wein erfrewt den man,
der knab und sol spüren
was in dem haus tut stan.

Das was der brauch, gewonheit bei den alten,
also sol es ein ieder landsknecht halten;
würfel und karten ist ir geschrei,
wo man hat guten weine
sollen sie sitzen bei.

Da sollen sie von stürmen, schlachten sage,
des müßen sie warten nacht und tage,
darumb so tut in lernens not
wie man mit langen spießen
processiones hat.

Wenn sie dann ir capitel wollen halte
mit spieß imd helleparten sicht mans balde
zum fenlein in die ordnung stan,
dann tut der hauptman sagen:
„die feind wöll wir greifen an!“.

Darnach hört man das groß geschütz und kleine,
„her her!“ schreien die frummen all gemeine,
so hebt sich an das ritterspil,
mit spieß und helleparten
sicht man ir fechten vil.

„Lerman lerman!“ hört man die trummen spechte,
darbei setzens die iren rechte:
eine grüne heid ists richers buch,
darein schreibt man die urteil
biß eim rinnts blut in dschuch.

In dem orden findt man gar seltsam knaben,
sie laufen an stett und schloß und graben,
des muß man iezund haben acht:

wo der orden regieret
werden lär hofstett gemacht.

Wie möchtens doch ein hertem orden trage?
sie leiden groß not bei nacht und tage
biß sie überkummen eines herren huld.
darbei bleibt mancher tode,
wolt bhalten seins herrn huld.

Erst hebt sich an die klag der trewen frawen,
ein iede tut nach irem man umb schawen;
welcher der ir ist bliben tot
darf nit vor schanden lachen
biß sie ein andern hat.

Darnach helfen soe das requiem singen,
sie spricht: „junger man, ich will euchs bringen!“
so hat dann alte lieb ein end.
in dem confessione
wirt ein newes regiment.

Das ist der kriegsleut observanz und rechte,
sang Jörg Graff, ein bruder aller landsknechte,
unfall hat im sein freud gewendt,
wär sunst im orden bliben
willig bis an sein end.

 

12.3 Landsknechtlied der Erorberung der Stadt Pavia

Ein hübsch neu Lied von der Stat Pavia, wie sie von Kunig aus Frankreych belagert und zum Sturm geschossen wand.

Im thon, Sie sind geschickt zum Sturm.

In Gottes Hilf so hebn wir an,
Zu Lob der Kayserlichen Kron,
Ein neues Lied zu singen,
Hilfs Maria du reine Magd
Dein liebes Kindt uns nicht verjagt,
Daß uns nichts misselinge.

An einem Samstag es geschah,
Daß man die Landsknecht ziehen sah,
Under Pavia ueber die prucken,……

Hier handelt es sich um einen Auszug aus dem Lied.