Dann versammelten sich die angeworbenen Knechte am vorgesehenen Musterplatz. Dies war der Ort, wo die Vertragspartner, der Kriegsherr, bei der Musterung meist durch einen Musterherrn oder Kriegskommissär vertreten, und die Landsknechte ihre Interessen geltend machten und abstimmten.
Die einzelnen Fähnlein stellten sich in zwei Reihen Front gegeneinander auf, zwischen den beiden Reihen wurde eine Gasse gelassen. Am Ende derselben bildeten zwei im Abstand von über einem Meter in die Erde gesteckte Hellebarden, über die quer ein Spieß gelegt war, ein Tor. Dort standen der Oberst, der Musterherr, der Hauptmann und ein Schreiber und musterten die Knechte, die nun Mann für Mann dieses Tor passieren mußten. Der Musterherr achtete darauf, daß nicht Untaugliche oder schlecht Bewaffnete durchgingen oder jemand zweimal durchzuschleichen versuchte.
Fronsperger bringt uns nicht nur einen zeitgenössischen Holzschnitt von Jost Amann über die Musterung, sondern auch eine Instruktion für den Musterherrn, worauf dieser besonders zu achten habe und wie er bei der Musterung vorgehen solle. Er solle sich zum festgesetzten Musterplatz begeben und das Kriegsvolk schwören lassen, sechs Monate lang zu dienen, jedoch mit dem Vorbehalt, sie nach Gutdünken auch schon vorher zu entlassen.
Er solle besonders darauf sehen, daß jedes Fähnlein mit 400 guten Kriegsknechten besetzt werde, die gesund und wohlgemut seien, und keinen mustern und passieren lassen, der krumm oder lahm sei oder gegen den sonst etwas auszusetzen sei.
Jedes Fähnlein solle 100 Übersöldner haben, darunter 100 vom ersten Blatt, in erster Linie Adelige und andere ehrliche und erfahrene Kriegsleute. Diese hätten besonders gut gerüstet zu sein, nämlich mit Panzerärmeln, Armschienen, Brust- und Rückenpanzer, auch Ringkragen und Sturmhauben. Diese bekämen 1 1/2 Monatssolde, also 6 Gulden. Keiner davon soll Doppelsold erhalten, außer er sei mit Harnisch sehr wohl gerüstet.
Er solle auch in jedem Fähnlein nicht mehr als 50 gute und geschickte Hackenschützen, von denen jeder 5 Gulden erhält, passieren lassen.
Er solle auch, außer für den Hauptmann und Fähnrich, keinen Buben oder Jungen mustern, und solle ganz besonders darauf achten, daß die Fähnlein mit guten, tapferen und ehrlichen Kriegsleuten besetzt werden.
Weiters solle er die Obersten und Hauptleute ermahnen und anhalten, darauf zu sehen, daß ihre Leute die Gastwirte ordentlich bezahlen, wie es sich gebührt.
Er solle die im Regiment befindlichen Grafen und Freiherren wie die anderen ehrlichen Kriegsleute halten, ihnen aber nicht mehr als fünf oder sechs Solde geben. Wenn aber ein alter und erfahrener Kriegsmann vorhanden ist, dem darf er bis acht Solde gewähren.
Besonders solle er darauf achten, daß keiner unter dem Namen eines anderen passiert, und wenn er dies bemerkt, solle er an den Eid erinnern und sie ‚dem Profos‘ zur Bestrafung übergeben.
Auch solle er weiters gut achtgeben, daß kein Knecht mit den Waffen, Spieß, Harnisch oder Panzer eines anderen durchgeht, die ihm für die Musterung nur geliehen wurden. Wenn aber einer oder mehrere deswegen ergriffen werden, sollen sie gestraft werden.
Schließlich werden auch die Solde für die einzelnen Dienstgrade festgesetzt.
Sollten jedoch bei einem Fähnlein mehr als 100 Doppelsöldner sich zum Dienst melden, so sind deren Namen neben einer Stellungsnahme des Musterherrn dem Kriegsherrn zu melden, der darüber entscheiden wird.
Bei dieser Instruktion für den Musterherrn sehen wir bereits die immer wiederkehrenden Hinweise auf den Soldbetrug wie z. B. das mehrfache Durchlaufen des Musterungsprozesses unter jeweils anderem Namen, eventuell bei verschiedenen Fähnlein oder das Ausleihen von Waffen bei der Musterung. Es war dies ein weitverbreitetes, nicht auszurottendes Übel.
Delbrück schreibt darüber: „Lazarus Schwendi nennt den Betrug bei der Musterung das Verderben der Teutschen. Bei den Musterungen wurden Troßbuben und selbst Weiber als Landsknechte ausstaffiert und in die Reihen eingestellt, um die Zahl zu füllen. Zuweilen wird vorgeschrieben, daß den ‚Passivolanten‘ die Nase abgeschnitten werden solle, um sie zugleich zu strafen und künftig für solchen Betrug untauglich zu machen“.
Für den unmittelbaren praktischen Gebrauch schrieb Stanislaus Hohenspach „Kurtzer und notwendiger Bericht der Feldschreiberey, Was einem rechten Feldschreiber zu wissen hochnötig, auch in seinem Ampt und Beruff eignet und gebüret“ (Heidelberg 1577) Hohenspach war selbst Feldschreiber und hat eine Anweisung zur Dienst- und Listenführung verfaßt, die bei der Musterung, der Bestellung der Ämter und der Soldauszahlung zu verwenden war.
Höchst interessant ist eine Notiz, die sich in seiner Aufstellung findet und die ein grelles Licht auf Praktiken wirft, die, bei Musterungen vorkamen, die ja immer wieder zur Feststellung der Sollstärken der Fähnlein vorgenommen werden mußten.
„Ob man einen aber für krank versprechen wolt, der nun lengst gestorben were, so leg ein Hurenjungen oder sonst ein kranken Knecht, der zuvor schon durchgegangen war, In ein losament im Landsknechtkleide darnieder, gib ihme denselben namen, als wann er sein eigener name were, wisse zu sagen an einer Rotte, daß sie schreyen, er ligt im Losament, wann man denselben namen verlieset. Darneben befilch den anderen Knechten vor den Mustern, daß keiner schrey, er sey todt oder entlauffen, sondern si sollen gar still schweigen, damit sie an der Musterung nichts ploderen“.