8. Die militärischen Ämter

Die militärischen Ämter in Ihren vielfachen Abstufungen wurden nach dem Leistungsprinzip und nicht nach ständischen Kriterien
vergeben. So findet sich in den verschiedenen Kriegsordnungen oder Ämterbuchern für die Knechte im Gegensatz zur Reiterei
nirgends die eindeutige Forderung, daß der Oberst eines Landsknechtregimentes ein Adeliger sein müsse. Zum Hauptmann aber soll
man „einen ehrlichen, gebrauchten, erfahrenen, geschickten Mann, der den Krieg erfahren und geübt … und bey den Knechten
bekannt und verdienst sey“ bestellen.

Natürlich spielten bei der Vergabe der Ämter auch persönliche und Familienbeziehungen eine Rolle. Georg von Frundsbergs Sohn
Caspar war mit 22 Jahren Hauptmann eines Fähnleins, und sein Bruder Melchior, der mit seinem Vater schon als Hauptmann nach
Italien gezogen war, starb 20-Jährig im Jahr 1528 in Rom. Eine wichtige Rolle spielten dabei zweifellos die Verbindung von
Führungsposition und Unternehmertum, also wirtschaftliche Erwägungen. Besonders erfolgreich war dabei, im Gegensatz zu
Frundsberg,- Sebastian Schertlin von Burtenbach, der bei seiner Rückkehr vom Italienzug im Mai 1529 außer seiner Beute 15.000
Gulden in bar heimbrachte

Die Masse des Adels aber hielt sich von der Fußtruppe fern, was wesentlich dadurch bedingt gewesen sein durfte, daß sie sich
nicht von ihrem mittelalterlich bestimmten Kriegsbild in Vorstellungswelt und Lebensweise loslösen konnte und daher den Dienst
bei der Reiterei vorzog, der besser den ritterlichen Idealen entsprach.

Die Bezeichnung ‚Amt‘ wird in gleicher Weise für die Funktion und den Funktionsträger gebraucht. Der Begriff ‚Offizier‘, als
Verwalter eines officium, erscheint im militärischen Sprachgebrauch erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts, wobei es eine
Unterscheidung zwischen Ober- und Unteroffizieren noch nicht gibt. Die Auswahl der geeigneten Männer und ihre Bestellung für
die höheren Ämter war Aufgabe des Obersten, des Regimentskommandeurs, aufgrund seiner Beurteilung und seiner unabhängigen
Entscheidungs- und Befehlsgewalt. Diesem Recht des Obersten wurde große Bedeutung zugemessen, und es diente zweifellos auch
dazu, die innere Verbundenheit im Söldnerheer zu stärken. „Das Wissen darum, ein Amt aus der Hand des Obersten empfangen zu
haben, halte im Söldner das Bewußtsein wach, es jederzeit durch ihn wieder verlieren, zu können und im Gegensatz dazu hätte
eine Stellenvergabe über den Kopf des Obersten hinweg die Widersetzlichkeit einzelner Amtsträger stutzen können“.

Dies galt auch für die unteren Stufen der Hierarchie. Es wurde vermieden, daß Träger hoher Ämter in Bereiche eingriffen, die
von niedrigeren Dienststellen verwaltet wurden. Es wurden aber auch die Amtsträger bei Verfehlungen zur Verantwortung gezogen
und Fronsperger erwähnt ausdrücklich die Haftung des‘ Musterschreibers „dann wo der Schreiber was vbersicht/muß ers bezalen
vnd erstatten“.

Jeder Träger eines höheren Amtes wurde den im Ring versammelten Knechten vorgeführt und vorgestellt. Dies war nicht nur ein
konstitutiver Akt, sondern auch eine praktische Notwendigkeit, denn wie sonst sollten die Krieger beim Fehlen aller
Rangabzeichen den Träger einer Befehls- oder Gerichtsgewalt kennenlernen?

Aus den Ämterlisten ist zu entnehmen, daß verschiedenen Befehlsträgern Helfer und Vertreter beigegeben waren, die Leutnants
den Obersten, Hauptleuten und Profosen, oder sogar dem Hurenweybel ein Leutnant und Fähnrich. Besonders im Proviantwesen, bei
den Proviantmeistern, war dies zu bemerken. Je mehr Gehilfen, desto höher das Ansehen. Schon damals bei den Landsknechten hat
das Parkinson’sche Gesetz nicht nur zur Aufblähung der Bürokratie, sondern auch zur Verteuerung der Institution nicht
unwesentlich beigetragen.

Die Inhaber der Ämter hatten nach ihrer Bestellung in die Hand des Obersten einen Eid zu leisten, der auf ihren besonderen
Aufgabenbereich Bezug nahm.

8.1 Die Ämter des Regimentes

Der Oberst: Die Stellung des Obersten im Landsknechtsheer war sehr stark, Barthold nennt ihn „den Diktator der
Soldatenrepublik“. Er ernannte nicht nur seine Offiziere, von ihm ging auch die disziplinäre und richterliche Gewalt in seinem
Bereich aus, ihm allein stand die Entscheidung zu, wie auf eine Rechtsverletzung zu reagieren sei, ob disziplinär, polizeilich
durch den Profosen, gerichtlich durch ‚den Schultheiß oder sogar durch das Spießgericht, bzw. ob gar nicht gestraft werden
sollte. Er konnte dem Gerichtsverfahren beiwohnen und bereits ergangene Urteile abändern. Er vertrat eben den Kriegsherrn vor
seinen Knechten, aber nicht nur das, sondern die Landsknechte identifizierten sich häufig mit ihren Führern, von denen man
„analog dem mittelalterlichen Königsheil sehr wohl von einem Obristenheil. sprechen kann“. Gerade Georg von Frundsberg vertrat
wohl am ausgeprägtesten den als Vatergestalt verehrten militärischen Führer, der mit naturlicher Autorität ausgestattet war.
Aber auch den anderen bekannten Landsknechtführern Sittich von Ems, Schertlin von Bürtenbach, Konrad von Bemelberg und Franz
von Sickingen strömten die Knechte zu, wenn sie die Werbetrommel rührten. Der Dienst des Obersten wurde durch hohe Besoldung
anerkannte und meistens kehrte er aus kurzem Feldzug mit Reichtümern nach Hause zurück.

Dem Obersten gebührten monatlich rund 600 Gulden, also eine gewaltige Summe, die sich wie.folgt ergab:

Für ihn und seine Tafel 400 Gulden

8 Trabanten 32 “
8 geröstete Pferde je 10 fl 80 “
1 Wagen 24 “
1 Spiel (Trommler u. Pfeifer) 16 “
1 Kaplan 8 “
1 Koch 8 “
1 Dolmetsch 8 “
1 Schreiber 8 “
für Extraordinari 8 “

Vor der Schlacht trat der Oberst vor die angetretenen Haufen, um sie aufzumuntern, und im Kampf führte er sie persönlich durch
sein Beispiel, er kämpfte im ersten Glied. Bei Beginn der Schlacht bei Bicocca 1522 -siegte Frundsberg im Zweikampf gegen –
den Schweizer Arnold von Winkelried, und ein solches Ereignis hatte naturgemäß auf die Führung des Regimentes größten Einfluß,
eine Führung, die nicht auf dem geschriebenen Artikelsbrief, sondern auf der Wirkung einer Persönlichkeit beruhte.

Für den Fall der Verhinderung oder Abwesenheit des Obersten wurde ein Stellvertreter ernannt , sein Leutnant oder Locotenent,
der aus der Mitte der Hauptleute ausgewählt wurde.

Der Oberst vber Teutsch Kriegsvolck oder Fußknecht

Der Schultheiß war Vorsitzender Im Feldgericht der Landsknechte und wurde als Institution aus der städtischen und dörflichen
Verfassung übernommen. Über seine, Voraussetzungen erfahren wir nur wenig, er mußte nur geschickt und im Kriegsrecht erfahren
sein, eine verhandlungsgeschickte Persönlichkeit, die auch Rechtserfahrung besitzt. Er bezog die Entlohnung eines Hauptmannes,
also zehnfachen Sold. Seine Gerichtstätigkeit übte er gemeinsam mit 12 Männern, den Schöffen, aus dem Regiment aus, wenn
möglich aus jedem Fähnlein einen. Das Gerichtsverfahren selbst wird bei der Behandlung des Gerichtswesens im Landsknechtsheer
noch eingehend erörtert werden.

Neben seinen richterlichen Aufgaben versah er die Funktion eines Notars, eines Urkundsbeamten, die Ihm gewisse unbedeutende
Nebeneinnahmen sicherte. Ferner gehörte zu seinen Einkünften eine Gebühr, die ihm für die Aufbewahrung von Gegenständen zu
entrichten war, für die er bei Verlust haftete.

Der technische Gehilfe des Schultheiß war der Gerichtsweybel, der aus dem Kreis der Doppelsöldner genommen wurde, jedoch bei
seinem Hauptmann eingeschrieben blieb. Er besorgte die Vorbereitung und äußere Organisation der Gerichtsverhandlungen, war
Ordonnanz des Richters und übernahm das Eintreiben der Gerichtsgebühren.

Ferner gehörte der Gerichtsschreiber zur Gruppe der Rechtspersonen im Regiment. Er wurde eigens bestellt und mußte sehr
schreibkundig sein, da er den gesamten Prozeßverlauf aktenkundig zu machen hatte. Er mußte die Zeugenaussagen protokollieren,
das Geständnis des Angeklagten niederschreiben und die Urteile ausfertigen. Er erhielt wie der Gerichtsweybel zu seinem Sold
aus seiner Gerichtstätigkeit Sporteln, die nach Einzelfällen beziffert wurden.

Der Profos hatte eine recht schwierige und dabei äußerst wichtige Rolle, denn er vereinigte in sich die Funktionen der Polizei
und der Staatsanwaltschaft. Er hatte Rechtsbrecher zu ermitteln und sie mit Hilfe seines Amtspersonals, dem Stockmeister und
den Steckenknechten, festzunehmen. Gerichtliche Strafen konnte er selbst vollstrecken, bei schweren Delikten hatte er beim
Obersten die Überstellung ans Gericht zu beantragen, und hier vertrat er wiederum die Anklage.

„Man pflegt gewonlich alte/erfahrne/tapffere/wolbekante/ vn beredte männer zu diesem Ampt zu erwehlen/die lang vnder den
Knechten gelegen/viel erfahren/ämpter getragen haben/dann jn auch der General Oberst etwan bisweilen In geheimen Rahtschlägen
gebraucht.“.

Zu diesem Amt sollte also eine sehr erfahrene, langgediente Persönlichkeit berufen werden, die auch aufgrund ihrer Erfahrung
dem Kriegsrat beigezogen werden konnte. Er war aber auch die Instanz, mit der ein Rechtsbrecher am ehesten konfrontiert wurde,
in dessen Ermessen es häufig lag, auf welche Weise ein Rechtsbruch geahndet wurde. Das erzeugte ihm gegenüber eine natürliche
Abwehrhaltung der Knechte, sodaß er durch einen besonderen Personenfrieden geschützt war.

Landsknecht-Profos

Am Tage der Regimentsauflösung waren der Profos und seine Leute häufig nicht mehr im Lager, sondern hatten es häufig schon
vorher verlassen. Das heißt, mit der Aufhebung des Lagerfriedens fiel der Schutz für diese Männer fort, und sie waren ihres
Lebens nicht mehr sicher.

Außer seiner Funktion als Anklagevertreter, die später noch behandelt werden wird, hatte der Profos auch die polizeiliche
Aufsicht über den Lagermarkt. Dies war eine besonders wichtige Aufgabe, da die Knechte sich selbst versorgen mußten, und er
für die Überwachung des Marktes, die Kontrolle der Wagen und Preise zuständig war und die Verhandlungen bezüglich der
Preisfestsetzung mit den Händlern fuhren mußte. Für die Beschickung des Lagermarktes mit einem ausreichenden Warenangebot,
besonders an Lebensmitteln, war der Proviantmeister zuständig. Es ist unübersehbar, daß ein Hauptproblem der Kriegführung
dieser Zeit die rechtzeitige und genügende Versorgung den Lagermarktes war.

Bei der Errichtung eines Lagers wurde auch vom Profos ein Galgen errichtet, und zu seinen Untergebenen gehörte auch der
Nachrichter, der Henker. Zu dessen Aufgabenbereich zählten nicht nur die Hinrichtungen aller Art und Verstümmelungen, sondern
auch die Beseitigung verendeter Tiere, die Abdeckerei.

Ein weiteres Amt war der Quartiermeister, der dem Regiment vorauszuziehen und den geeigneten Platz für das Lager und die
Quartiere, vor allem für den Obersten und die anderen Ämter auszuwählen hatte. Er bezeichnete den Platz für den Lagermarkt und
teilte die übrigen Quartiere und Plätze zu, um die die Fouriere der einzelnen Fähnlein losten.

Der Wachtmeister ist für die Sicherheit des Lagers zuständig. Er holt die Losung vom Obersten ein, fährt die Wachen auf und
kontrolliert sie auch. „Was er als dann farlessig oder schlefferig findt/hat er gewalt zu erstechen/wo nicht/sol ers dem
Obersten anzeygen/vn für Recht stelle/die vermüg deß Artickels Brieffs am Leben zu straffen“ .

Der Pfennigmeister hatte den Sold auszuzahlen und die Geldgeschäfte des Regimentes zu besorgen, die oft von großem Umfang
waren. Von ihm wird verlangt, daß er ein praktischer Mann sei, überall bekannt und in der Lage sein müsse, Geld und Wechsel
herbeizuschaffen.

Nach der Musterung erhielt er von jedem Hauptmann die Aufstellung der gemusterten Knechte, um jederzeit nach dem jeweiligen
Stand die notwendigen Mittel zur Soldauszahlung bereitstellen zu können.

Pfennigmeister

Ihm stehen Schreiber, so viel er benötigt, zur Unterstützung zu.

Vereinzelt scheinen auch Brandmeister auf, deren Aufgabe es war, auf Befehl des Obersten im Feindesland niederzubrennen oder
Brandschatzungen einzuheben. Diese oder sonstige von ihm eingebrachte Beute hatte er mit dem Obersten zu teilen.

Der Hurenweybel war der Troßführer des Regimentes und für das Funktionieren desselben von größter Wichtigkeit.

Da für 10 Knechte ein Wagen gerechnet wurde, war der Troß meist von gewaltiger Größe, aber auch notwendig. Der Landsknecht
wollte sein Weib oder wenigstens einen Buben zu seiner Bedienung bei sich haben, die ihn bei Erkrankung oder Verwundung
pflegen sollten, denn Lazarette oder Einrichtungen ähnlicher Art gab es nicht. Aber auch zur Zubereitung der Verpflegung waren
die Troßweiber unentbehrlich. Auch die Sudler und Sudlerinnen in den öffentlichen Küchen des Lagers unterstanden dem
Hurenweybel. „dazu gehört ein geschickter/ehrlicher /verstendiger Kriegßman/ … nemlich der vil Schlacht vn sturm hat helffen
thun/ solcher Weybel sol von dem Oberste darzu bestätigt werde/Es geburt jm auch etwan sein eygen Leutenant vnd Fenderich/wann
der Troß also starck ist/ So geburt jme Hauptmans Besoldung/“.

Hurenweybel

Im Zuge hatte er dafür zu sorgen, daß der Troß in guter Ordnung zieht, und wenn ein Lager bezogen wird, hat er seine Leute
anzuhalten und zu warten, bis die Knechte das Lager bezogen hatten. Erst dann durfte der Troß das Lager beziehen und dies
deshalb, damit keine Unordnung entsteht und die Leute des Trosses nicht alles, was zur Einrichtung des Lagers notwendig ist,
wie Holz oder Stroh, an sich raffen.

Bei besonders großen Aufgeboten konnten auch noch Rumormeister bestellt werden, deren Aufgabe in der Aufrechterhaltung der
Disziplin, besonders im Troß, bestand. Sie schritten daher besonders bei Zusammenrottungen, Plünderungen und
Desertionsversuchen ein.

Neben diesen Ämtern wurden bei größeren Feldzügen auch Kriegsräte bestellt, deren Aufgabe es war, im Kriegsrat einem General-
Obersten, der mehrere Regimenter befehligte, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Sie wurden außerdem auch bei den Musterungen
als Musterherren verwendet.

8.2. Die Ämter des Fähnleins

Die Ämter des Fähnleins wurden teils ernannt, teils von den Knechten für jeweils einen Monat gewählt, wobei diese Zeit aber
immer wieder verlängert werden könnte.

Der Hauptmann hatte schon bei der Werbung mitgewirkt, war also möglichst bald nach der Bestellung des Obersten von diesem
ernannt worden. Seine Stellung war sehr bedeutend, was sich auch durch die Gewährung eines zehnfachen Soldes ausdrückte.

„Zv einem Hauptmann vber ein Fendlein Knecht sol verordnet werden ein ehrlicher gebrauchter/erfahrner/geschickter Mann/
der/der Krieg erfahrn/vnd geubt sey/damit er jeder zeyt für sich selbs vnd die seinen sich zu halten wiß/vnd geburt jme/So jne
ein Herr zu einem Hauptmann vber ein Fendlin Knecht verordnet/das er bey den Knechten bekannt vnd verdient sey/damit er sein
anzal Knecht vnnd recht geschaffen leut zu wegen vnd auffbringen könne“.

Auf dem Muste-platz läßt er die Namen seiner Knechte in einem Register verzeichnen, von dem eine Ausfertigung dem
Pfennigmeister übergeben wird. Dann läßt er einen Ring bilden, stellt sich selbst und den Fähnrich und Feldweybel vor, die ja
vom Obersten ernannt wurden. Ebenso zeigt er seinen Stellvertreter, den Leutnant, den Schreiber, Kaplan und Feldschärer.

Landsknechthauptmann mit Sauspieß

Hierauf fordert er die Knechte auf, ihre weiteren Ämter durch Wahl zu besetzen, und hält dazu etwa folgende Ansprache: „Lieben
ehrlichen Landsknecht/jr solt jetzt euwere ämpter besetzen dieweil dann die notturfft deß Kriegßherrn/ auch deß gantzen hellen
Hauffen/vn besonder vnser aller miteinander das auffs höchst erfordert/So ist mein bitt/ das jr dieselbigen nit nach
gunst/sonder nach ehren und erheischung der notturfft/mit ehrlichen/frommen/ weydIichen und geschickten Kriegßerfahrnen
Knechten/die darzu geschickt vnd gut seind/die jr dann wol vnder euch habt/besetzen vnd versehen wölt“.

Die Knechte wählten nun ihre Vertreter, deren Aufgabe es unter anderem war, Forderungen nach oben geltend zu machen und
gegebenenfalls Entscheidungen der Regimentsführung zu beeinflussen. Es waren dies der Führer, der Fourier und die beiden
Gemeinweybel. Diese überbrachten Klagen der Knechte an die Hauptleute, führten Wachen auf, achteten auf die Zugordnung,
teilten Pulver und Blei aus und erhielten vom Proviantmeister gegebenenfalls Lebensmittel für die Rotten.

Die Aufgaben des Fouriers und des Führers sind nicht klar festgelegt.und überschneiden sich oft. Sie betrieben die
Rechtsberatung ihrer Kameraden bei Rechtsfällen, brachten aber auch gemeinsam mit den Weybeln Beschwerden und Anliegen beim
Kommandanten vor. Die Führer zogen auch vor der Ordnung her und zeigten die rechten Straßen und Wege an. Die Fouriere
erhielten von den Quartiermeistern die Lager- und Quartierszuweisung und teilten bei festen Unterkünften in einer Stadt Zettel
mit der Bezeichnung des Hauses aus. Fouriere waren damals auch im nichtmilitärischen Bereich tätig, wie z. B. bei der
Quartierzuweisung von Reichstagsbesuchern.

Der Rottmeister, ebenfalls ein gewählter Amtsträger, stand der Rotte vor, der kleinsten organisatorischen Einheit des Heeres.
Die Zahl der Mitglieder einer Rotte ist nicht festgelegt. Es war jedoch eine Kleingenossenschaft, die die Rationalisierung von
täglich anfallenden Arbeiten wie gemeinsames Kochen und gegenseitige Hilfe vornahm.

Der Feldweybel, der vom Oberst ernannt wurde, war nach dem Hauptmann und dem Fähnrich der vornehmste unter den Knechten. Er
war ein betagter, geübter Krieger, der für die taktische Ordnung und die technische Ausbildung der Mannschaft verantwortlich
war. Er half bei der Aufstellung der Schlachtordnung, wobei die vordersten und hintersten Glieder mit den am besten
ausgerüsteten Knechten besetzt wurden, besorgte die Verteilung der mit kurzen Wehren und Hakenbüchsen versehenen Krieger in
der Ordnung und bestimmte auch die Zugordnung. Er hatte schiedsrichterliche Gewalt bei Streitigkeiten, war Beisitzer im
Gericht und hatte, wenn die Gemeine zusammentrat, die Umfrage zu leiten. Sein Amt war daher ein sehr umfangreiches und
verantwortungsvolles, und es war nötig, daß dazu nur ein bei den Knechten angesehener und beliebter Mann genommen wurde.

Der Fähnrich war für den Zusammenhalt und die Disziplin seines Fähnleins von außerordentlicher Bedeutung, da der Fahne eine
große Symbolkraft innewohnte. Sie hatte als solche unterschiedliche Bedeutung. Sie war Herrschaftsbezeichnung im allgemeinen
Sinne, im Mittelalter Wahrzeichen der Gerichtsbarkeit und als Marktfahne Zeichen des Marktfriedens“ aber auch äußeres Zeichen
einer Belehnung, denken wir nur an die Übergabe der Fahnen im Jahre 1156 an Heinrich Jasomirgott bei der Erhebung Österreichs
zum Herzogtum. Aber auch im Heerwesen hatte die Fahne ein besonderes Gewicht, was in dem Wort ‚unter der Fahne dienen‘ zum
Ausdruck kommt. Aber auch als praktisches Orientierungszeichen hatte sie eine Aufgabe. die ihr in den Söldnerheeren verblieben
ist. n den Landsknechtheeren aber hatte sie eine ganz besondere Bedeutung. „Sie symbolisierte das Regiment. In ihr
konzentriert und konkretisiert sich das Gruppenbewußtsein In einem Punkt. Die Fahne wird zum Identifikationsobjekt; sie Ist
die Inkarnation aller im Regiment beschlossenen (realen und fiktiven) Tugenden“. Sie mußte eingerollt werden, wenn das
Regiment oder Fähnlein durch die Tat eines Knechtes unehrlich geworden war. Auch beim Spießgericht, durch das die Gemeinschaft
ihre verletzte Ehre wiedererlangte, spielten sie und ihre Träger, wie wir noch sehen werden, eine signifikante Rolle.

Die Fahnenromantik, die bis in die Gegenwart wirksam war, hatte hier ihren Anfang.

Daher mußten auch bei dem Träger der Fahne, dem Fähnrich, entsprechende Maßstäbe angelegt werden. Der Fähnrich war stets ein
Mann in der vollen Blüte seiner Jahre, von großer Kraft, dem mit großer Feierlichkeit das Fähnlein, das eine gewaltige,
hochflatternde Fahne war, mit folgenden Worten vom Obersten übergehen wurde: „Ihr Fähnrich, da befehl Ich Euch das Fähnlein.
Mit der Bedingung, daß Ihr werdet schwören und geloben, Euer Leib und Leben bei dem Fähnlein zu lassen. Also wenn Ihr werdet
in eine Hand geschossen, darin Ihr das Fähnlein tragt, daß Ihr es werdet in die andere nehmen. Werdet Ihr an der selben Hand
auch beschädigt, so werdet Ihr das Fähnlein ins Maul nehmen und fliegen lassen. Sofern Ihr aber vor solchem allem von den
Feinden überrungen und nimmer erhalten werdet, so sollt Ihr Euch darinnen wickeln, Euer Leib und Leben dabei und darinnen
lassen, ehe Ihr Euer Fähnlein übergebt oder mit Gewalt verliert“.

Diese Forderung zeigt die ideale Verhaltensform des Fähnrichs in Extremfällen und den Wunsch, eine moralische Instanz für die
Knechte aufzubauen, die Ihnen als Beispiel und Vorbild dienen soll. Vielleicht spielten dabei auch taktische Überlegungen eine
Rolle, nämlich die Erziehung zur Bereitschaft, dieses Symbol der Gemeinschaft unter allen Umständen bis zum Tode zu
verteidigen.

Landsknecht-Fähnrich

Beim Marsch war der Fähnrich stets vom Spiel, dem Trommler und Pfeifer, begleitet, damit er nicht nur zu sehen sondern auch zu
hören war. Im Lager steckte er das Fähnlein beim Zelt oder Quartier auf, damit sein Aufenthalt stets gekennzeichnet sei. Vor
der Schlacht, nach Bildung der Ordnung, übergab er sein Fähnlein seinem Nebenmann, ging um die Aufstellung herum, sprach den
Knechten zu und ermunterte sie, kontrollierte auch und sorgte bei etwaigen Fehlern oder Mängeln um Abhilfe. Beim Sturm hatte
er dagür zu sorgen, daß sein Fähnlein aufrecht gesehen wurde.

Wenn die Gemeinschaft der Knechte unehrenhaft geworden ist, wird das Fähnlein zusammengerollt oder -geheftet und mit der
Spitze in die Erde gesteckt. Erst nach Tilgung des Makels kann es wieder frei entrollt werden. Jedenfalls galt es als größte
Schmach und Schande für den Fähnrich, sein Fähnlein lebend zu verlieren.

Wie schon erwähnt, zählten noch Schreiber, Kaplan und Feldschärer sowie das Spiel, Trommler und Pfeifer, schließlich die
Trabanten des Hauptmannes zu den geringeren Ämtern eines Fähnleins.